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Geschützt: Alltagsbegleiter Aufbaukurs n. § 53 SGB XI

B4 Pflege Betreuungskräfte RL

Richtlinien nach § 53b SGB XI zur Qualifikation und zu den Aufgaben von zusätzlichen Betreuungskräften in stationären Pflegeeinrichtungen (Betreuungskräfte-RL) vom 19. August 2008 in der Fassung vom 23. November 2016

Der GKV-Spitzenverband ¹ hat die Betreuungskräfte-RL auf Grundlage des § 87b SGB XI  a. F. am 19. August 2008 beschlossen;

 

Das Bundesministerium für Gesundheit hat sie mit Schreiben vom 25. August 2008 genehmigt. Aufgrund der Neuregelungen des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes und des Ersten Pflegestärkungsgesetzes erfolgten mit den Fassungen vom 6. Mai 2013 und 29. Dezember 2014 Anpassungen der Richtlinien. Auf der Grundlage der ab 1. Januar 2017 in Kraft tretenden Neuregelungen des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes in § 53c SGB XI
hat der GKV-Spitzenverband die Richtlinien angepasst und die geänderte Fassung nach Anhörung der Bundesvereinigungen der Träger stationärer Pflegeeinrichtungen und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse am 23. November 2016 beschlossen. Das Bundesministerium für Gesundheit hat die geänderten Richtlinien mit Schreiben vom 28. Dezember 2016 mit Auflagen genehmigt.

¹ Der GKV-Spitzenverband ist der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der die Aufgaben des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen nach § 53 SGB XI wahrnimmt.

Präambel

Mit der Zahlung von leistungsgerechten Zuschlägen zu den Pflegesätzen für die zusätz-liche Betreuung und Aktivierung von Pflegebedürftigen nach den Regelungen der §§ 43b, 84 Abs. 8 und 85 Abs. 8 SGB XI werden den stationären Pflegeeinrichtungen finanzielle Grundlagen gegeben, eine bessere Betreuung für die Pflegebedürftigen im Sinne der von den Fachverbänden geforderten „Präsenzstrukturen” zu organisieren, die darauf abzielen, die Pflegebedürftigen bei ihren alltäglichen Aktivitäten zu unterstützen und ihre Lebens-qualität zu erhöhen. Pflegebedürftige in stationären Pflegeeinrichtungen haben nach Maßgabe von §§ 84 Abs. 8 und 85 Abs. 8 SGB XI Anspruch auf zusätzliche Betreuung und Aktivierung, die über die nach Art und Schwere der Pflegebedürftigkeit notwendige
Versorgung hinausgeht. Diese Vorschriften lösen die bisherige, bis Ende 2016 geltende Regelung des § 87b SGB XI a.F. ab. Zu den stationären Pflegeeinrichtungen gehören vollstationäre Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime, Einrichtungen der Kurzzeitpflege) sowie teilstationäre Pflegeeinrichtungen (Einrichtungen der Tages- und Nachtpflege).

§1 Zielsetzung

Der GKV-Spitzenverband ¹ hat die Betreuungskräfte-RL auf Grundlage des § 87b SGB XI a. F. am 19. August 2008 beschlossen;

Das Bundesministerium für Gesundheit hat sie mit Schreiben vom 25. August 2008 genehmigt. Aufgrund der Neuregelungen des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes und des Ersten Pflegestärkungsgesetzes erfolgten mit den Fassungen vom 6. Mai 2013 und 29. Dezember 2014 Anpassungen der Richtlinien. Auf der Grundlage der ab 1. Januar 2017 in Kraft getretenen Neuregelungen des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes in § 53c SGB XI
hat der GKV-Spitzenverband die Richtlinien angepasst und die geänderte Fassung nach Anhörung der Bundesvereinigungen der Träger stationärer Pflegeeinrichtungen und der Verbände der Pflegeberufe auf Bundesebene unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes medizinisch-pflegerischer Erkenntnisse am 23. November 2016 beschlossen. Das Bundesministerium für Gesundheit hat die geänderten Richtlinien mit Schreiben vom 28. Dezember 2016 mit Auflagen genehmigt.

§2 Grundsätze der Arbeit und Aufgaben der zusätzlichen Betreuungskräfte

(1) Die zusätzlichen Betreuungskräfte sollen die Pflegebedürftigen betreuen und                        aktivieren. Zusätzliche Betreuungskräfte sind keine Pflegekräfte. Als Betreuungs- und          Aktivierungsmaßnahmen kommen Maßnahmen und Tätigkeiten in Betracht, die das              Wohlbefinden, den physischen Zustand oder die psychische Stimmung der betreuten          Menschen positiv beeinflussen können.

(2) Die zusätzliche Aufgabe der Betreuungskräfte ist es, die Pflegebedürftigen
      zum Beispiel zu folgenden Alltagsaktivitäten zu motivieren und sie dabei zu betreuen          und zu begleiten:

  • Malen und basteln,

  • Handwerkliche Arbeiten und leichte Gartenarbeiten,

  • Haustiere füttern und pflegen,

  • Kochen und backen,

  • Anfertigung von Erinnerungsalben oder -ordnern,

  • Musik hören, musizieren, singen,

  • Brett- und Kartenspiele,

  • Spaziergänge und Ausflüge,

  • Bewegungsübungen und Tanzen in der Gruppe,

  • Besuch von Veranstaltungen Kultur, Sportveranstaltungen,

  • Gottesdienste und Friedhöfen,

  • Lesen und Vorlesen,

  • Fotoalben anschauen.

  • Die Betreuungskräfte sollen den Pflegebedürftigen für Gespräche über alltägliches und ihre Sorgen zur Verfügung stehen sowie ihnen durch ihre Anwesenheit Sicherheit und Orientierung vermitteln. Jeweilige Betreuungs- und Aktivierungs angebote sollen sich an den Erwartungen, Wünschen, Fähigkeiten und Befindlich-keiten der Pflegebedürftigen unter Berücksichtigung ihrer Biographie, ggf. orientieren. einschließlich ihres Migrationshintergrundes, dem Geschlecht sowie dem jeweiligen situativen Kontext orientieren.

(3) Zur Prävention einer drohenden oder einer bereits eingeführten sozialen
       Isolation sind Gruppenaktivitäten für die Betreuung und Aktivierung das geeignete               Instrument. Die persönliche Situation des Pflegebedürftigen, z. B. Bettlägerigkeit, und         seine konkrete sozial-emotionale Bedürfnislage kann aber auch eine Einzelbetreuun             erfordern.

(4) Die Betreuung der Pflegebedürftigen gehört zum Leistungsumfang der stationären               Pflegeeinrichtungen. § 43b SGB XI ermöglicht es, die Betreuung und Aktivierung der             Pflegebedürftigen in einem definierten Umfang quantitativ zu verbessern. Gleichzeitig         ist es erforderlich, die Tätigkeit der Betreuungskräfte eng mit der Arbeit der Pflege-             kräfte und des sonstigen Personals in den stationären Pflegeeinrichtungen zu                       koordinieren, damit keine Versorgungsbrüche entstehen. Zu den Aufgaben der                       zusätzlichen Betreuungskräfte gehören auch die Hilfen, die bei der Durchführung ihrer         Betreuungs- und Aktivierungstätigkeiten unaufschiebbar und unmittelbar erforderlich         sind, wenn eine Pflegekraft nicht rechtzeitig zur Verfügung steht. Zusätzliche                         Betreuungskräfte dürfen weder regelmäßig noch planmäßig in körperbezogene                     Pflegemaßnahmen sowie hauswirtschaftliche Tätigkeiten eingebunden werden.                     Maßnahmen der Behandlungspflege bleiben ausschließlich qualifizierten Pflege-                   kräften vorbehalten. Die Einhaltung dieser Vorgaben obliegt der verantwortlichen                 Pflegefachkraft nach § 71 Abs. 3 SGB XI. Den zusätzlichen Betreuungskräften dürfen           durch Hinweise zur Einhaltung dieser Vorgaben an die Verantwortlichen keine                       Nachteile entstehen.

§3 Anforderungen an die Betreuungskräfte

Grundlegende Anforderungen an die persönliche Eignung von Menschen, die beruflich eine Betreuungstätigkeit in stationären Pflegeeinrichtungen ausüben möchten, sind insbesondere

  • eine positive Haltung gegenüber kranken, behinderten und alten Menschen,

  • soziale Kompetenz und kommunikative Fähigkeiten,

  • Beobachtungsgabe und Wahrnehmungsfähigkeit,

  • Empathiefähigkeit und Beziehungsfähigkeit,

  • die Bereitschaft und Fähigkeit zu nonverbaler Kommunikation,

  • Phantasie, Kreativität und Flexibilität,

  • Gelassenheit im Umgang mit verhaltensbedingten Besonderheiten infolge von körperlichen, demenziellen und psychischen Krankheiten oder geistigen Behinderungen,

  • psychische Stabilität, Fähigkeit zur Reflexion des eigenen Handelns, Fähigkeit sich abzugrenzen,

  • Fähigkeit zur würdevollen Begleitung und Anleitung von einzelnen oder
    mehreren Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen, Demenz, psychischen Erkrankungen oder geistigen Behinderungen,

  • Teamfähigkeit,

  • Zuverlässigkeit.

§4 Qualifikation der Betreuungskräfte e Betreuungskräfte

(1) Für die berufliche Ausübung der zusätzlichen Betreuungsaktivitäten ist kein
      therapeutischer oder pflegerischer Berufsabschluss erforderlich. Allerdings stellt die            berufliche Ausübung einer Betreuungstätigkeit in stationären Pflegeeinrichtungen                auch höhere Anforderungen an die Belastbarkeit der Betreuungskräfte als eine in                  ihrem zeitlichen Umfang geringere ehrenamtliche Tätigkeit in diesem Bereich. Deshalb        sind folgende Anforderungen an die Qualifikation der Betreuungskräfte nachzuweisen:

  • das Orientierungspraktikum,

  • die Qualifizierungsmaßnahme,

  • regelmäßige Fortbildungen bei bestehendem Beschäftigungsverhältnis.

(2) Das Orientierungspraktikum in einer vollstationären oder teilstationären Pflegeein-                richtung hat einen Umfang von 40 Stunden und ist vor der Qualifizierungsmaßnahme          durchzuführen. Damit ist die Zielsetzung verbunden, erste Eindrücke über die Arbeit            mit betreuungsbedürftigen Menschen zu bekommen und das Interesse und die                      Eignung für eine berufliche Tätigkeit in diesem Bereich selbst zu prüfen. Mit dem                  Praktikumsvertrag ist die Praktikantin/der Praktikant auf diese Richtlinien in geeigneter        Weise hinzuweisen.

(3) Die Qualifizierungsmaßnahme besteht aus drei Modulen (Basiskurs, Betreuungs-                   praktikum und Aufbaukurs) und hat einen Gesamtumfang von mindestens 160                       Unterrichtsstunden sowie einem zweiwöchigen Betreuungspraktikum.

Modul 1:

   Basiskurs Betreuungsarbeit in stationären Pflegeeinrichtungen

Umfang:

   100 Stunden

Inhalte:
  • Grundkenntnisse der Kommunikation und Interaktion unter Berücksichtigung der besonderen Anforderungen an die Kommunikation und den Umgang mit Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen, mit Demenz, psychischen Erkrankungen oder geistigen Behinderungen,

  • Grundkenntnisse über Demenzerkrankungen, psychische Erkrankungen, geistige Behinderungen sowie somatische Erkrankungen wie z. B. Diabetes und degenerativen Erkrankungen des Bewegungsapparats und deren Behandlungs-möglichkeiten,

  • Grundkenntnisse der Pflege und Pflegedokumentation (Hilfen bei der Nahrungs-aufnahme, Umgang mit Inkontinenz, Schmerzen und Wunden usw.) sowie der Hygieneanforderungen im Zusammenhang mit Betreuungstätigkeiten zur Beurteilung der wechselseitigen Abhängigkeiten von Pflege und Betreuung,

  • Erste-Hilfe-Kurs, Verhalten beim Auftreten eines Notfalls.

Modul 2:

  Betreuungspraktikum in einer stationären Pflegeeinrichtung

Umfang:

        zwei Wochen

Inhalte:
  • Das Praktikum erfolgt in einer vollstationären oder teilstationären Pflegeeinrichtung unter Anleitung und Begleitung einer in der Pflege und Betreuung erfahrenen Pflegefachkraft, um praktische Erfahrungen in der Betreuung von Menschen, insbesondere von Menschen mit kognitiven oder psychischen Einschränkungen, zu sammeln. Ist in einer stationären Pflegeeinrichtung eine Pflegefachkraft mit einer gerontopsychiatrischen Zusatzausbildung beschäftigt, soll dieser nach Möglichkeit die Anleitung und die Begleitung während des Praktikums übertragen werden. Das Praktikum muss nicht in einem Block absolviert werden, sondern kann zur besseren Vereinbarkeit mit beruflichen und familiären Pflichten auch aufgeteilt werden.

Modul 3:

Aufbaukurs Betreuungsarbeit in stationären Pflegeeinrichtungen

Umfang:

       60 Stunden

Inhalte:
  • Vertiefen der Kenntnisse, Methoden und Techniken über das Verhalten, die Kommunikation und die Umgangsformen mit betreuungsbedürftigen Menschen,

  • Rechtskunde (Kenntnis dieser Richtlinien, Grundkenntnisse des Haftungsrechts, Betreuungsrechts, der Schweigepflicht und des Datenschutzes und zur Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Menschen),

  • Hauswirtschaft und Ernährungslehre mit besonderer Beachtung von Diäten und Nahrungsmittelunverträglichkeiten,

  • Beschäftigungsmöglichkeiten und Freizeitgestaltung für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen und/oder mit Demenzerkrankungen,

  • Bewegung für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen und/oder mit Demenz, psychischen Erkrankungen oder geistigen Behinderungen,

  • Kommunikation und Zusammenarbeit mit den an der Pflege Beteiligten, z.B. Pflegekräften, Angehörigen und ehrenamtlich Engagierten.

(4) Die regelmäßige Fortbildung umfasst jährlich mindestens insgesamt 16 Unterrichts-            stunden, in denen das Wissen aktualisiert wird und eine Reflexion der beruflichen                  Praxis stattfindet.

§5 Anrechnung erworbener Qualifikationen

(1) Soweit die Qualifikationsanforderungen nach § 4 Abs. 3. Vollständig oder teilweise in           einer Berufsausbildung, bei der Berufsausübung oder in Fortbildungsmaßnahmen                 nachweislich erworben wurden, gelten diese insoweit als erfüllt. Insbesondere bei                 examinierten Altenpflegerinnen und Altenpflegern sowie bei examinierten                               Gesundheits- und Krankenpflegern und Gesundheits- und Krankenpflegern gelten die         Qualifikationsanforderungen nach § 4 Abs. 3 grundsätzlich als erfüllt.

(2) Sofern Betreuungskräfte auf der Grundlage früherer Fassungen der Betreuungskräfte-        RL qualifiziert sind, gelten die Qualifikationsanforderungen nach § 4 Abs. 3 als erfüllt.

§6 Inkrafttreten der Richtlinien

Diese Richtlinien treten mit der Genehmigung des Bundesministeriums für Gesundheit am 1. Januar 2017 in Kraft.

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