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Geschützt: Alltagsbegleiter Basiskurs n. § 53b SGB XI

B5.2 Ausgewählte gerontopsychiatrische Konzepte in der Pflege

Prominente Töchter zur Demenz ihrer Väter

Die Politikerin Ursula von der Leyen
und die Schauspielerin Maria Furtwängler

haben zu einem offeneren
Umgang mit der Demenz alter Menschen aufgerufen.
“Ich habe gelernt, mein Bild von
meinem Vater zu ändern“, sagte Von
der Leyen.“ Jetzt aber habe sie seine
grundlegende Natur erkannt. “Er ist ein
freundlicher alter Mann.“ Er sei weiter
ein ziemlich glücklicher Mensch und
genieße sein Leben. “Die Würde ist
immer da“, sagte die Politikerin.
Maria Furtwängler sagte über ihren
Vater: “Durch diese veränderten Augen
kommt noch so viel.“ Ihre Beziehung
zu ihrem Vater sei eher schwierig
gewesen. “Aber jetzt habe ich einen
viel freundlicheren Mann kennengelernt.“

Gerontopsychiatrische Pflege
  • spezielle Fachrichtung der geriatrischen Pflege (Geriatrie = Altersheilkunde)

  • umfasst alle pflegerischen Maßnahmen zur Prävention und Rehabilitation sowie die Therapie bei alten Menschen mit psychischen Störungen

  • Geronto-       psych-       ia-       trische       Pflege
    Greis             Seelen        Heil     Kunde        Begleitung

Behandlung der kranken Seele
  • bereits vor unserer Zeitrechnung und danach Verbreitung und Verordnung von mehr als 200 Heilpflanzen durch die griechischen Ärzte Asklepios und Hippokrates

  • im Mittelalter Arzneikunde vor allem in den Klöstern (Kräutergarten)

  • durch Kreuzzüge enge Verbindung des Abend- und Morgenlandes und Einfluss durch kulturell hoch stehende Araber (erste selbstständige Apotheken und Trennung von Arzt und Apotheker)

  • Entdeckungsreisen nach Amerika und den Fernen Osten (Chinarinde gegen Malaria,
    Verwendung von Brechwurzel und Tabak)

„Alle Dinge sind Gift, allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“ (Paracelsus)

  • ab dem 16. Jh. Vereinheitlichung der Zubereitung und Abgabe der Arzneien (erste Arzneibücher)

  • ab dem 18. Jh. genauere Erforschung der Wirkung der Arzneimittel

  • 19. Jh. – Beginn des wissenschaftlichen Zeitalters für die Arzneimittellehre

Materia Medica

Arzneimittellehre von 1824

Antagonisten (bei übermäßiger nervöser und mangelnder körperlicher Sensibilität anzuwenden)
  • Ekel und Erbrechen erregende Mittel:
    innere: verschiedene Brechmittel
    äußere: Drehmaschine, Drehstuhl, Schaukel, glühende Eisen,
    Peitschen mit Nesseln, trockene Schröpfköpfe, eiternde Kopfwunden, sanftes Reiben der Haut, Klistiere, Senfpflaster, Blasenpflaster, Ameisen, Krätze, kalte Bäder, Schneebäder, Sturzbäder, Eisbeutel, lauwarme Bäde

  • Carthartica (Abführmittel):
    psychische Störungen sitzen oft im Unterleib Einführung von Medikamenten, die z.T. auch heute noch als Abführmittel benutzt werden

Antiphlogistica (temperatursenkende und damit entzündungshemmende Maßnahmen)
  • medizinische und chirurgische (z.B. Aderlass, Schröpfen)

Narkotische Mittel (betäubende Mittel)
  • Narcotica: Safran, Stechapfel, Bilsenkraut, Tabak, Alraun, Blausäure, Opium
    scharfe Narcotica: Tollkirsche, Schierling, Fingerhut, Eisenkraut
    äußerliche Mittel: Sack, Schrank, Hohlrad, Zwangsjacke, Zwangswiege

Excitantia, Analeptica (nervenbelebende Mittel)
  • innere Mittel: Kampfer, Salbei, Rosmarin, Lavendel, Zitronenmelisse, Farnkraut, Baldrian, grüner Tee, Arnika, Zimtöl, Anisöl, Wacholderöl, Kümmelöl, Fenchelöl, Pfefferminzöl, Terpentinöl, Moschus, Bibergeil, Spanische Fliegen, ferner zahlreiche
    Gewürze, Naphthalin und alte Weine

  • äußere Mittel: heiße Kopfumschläge, Niesmittel, Einnahme von Reizmitteln, ferner Elektrizität, Galvanismus, Magnetismus

Geschichte der Psychopharmaka

Beginn der modernen Psychopharmakologie in der Mitte des 20. Jh.

  • 1949 – Entdeckung des Lithiums mit leicht sedierendem Effekt

  • 1952 – Entdeckung von Chlorpromazin als erstes Neuroleptikum (besonders zur Behandlung der Schizophrenie)

  • 1957 – Entdeckung des ersten Antidepressivum Imipramin

  • 1958 – Entdeckung von Haloperidol–ein Antipsychotikum

  • 1960 – Entdeckung von Librium–ein Beruhigungsmittel

Was sind Psychopharmaka?

Psychopharmaka =
ein Medikament, das auf die Psyche des Menschen
einwirkt und der Behandlung psychischer Störungen
und neurologischer Krankheiten dient

Wirkung der Psychopharmaka
Antidepressiva
  • zur Behandlung von Depressionen, auch bei Angst- und Schlafstörungen sowie bei starken Schmerzen

  • drei Wirkungsqualitäten:
                1. vorwiegend dämpfend
                2. vorwiegend depressionslösend und stimmungsaufhellend
                3. vorwiegend aktivierend und antriebssteigernd

  • keine sofortige Wirkung

  • Besserung der Beschwerden meist erst nach 10-14 Tagen

  • kein Sucht- und Abhängigkeitspotential und keine Veränderung
    der Persönlichkeit

Antipsychotika
  • = Neuroleptika

  • zur Behandlung von Wahrnehmungsstörungen, halluzinatorischen Störungen und krankhaften Erregungszuständen (z.B. Schizophrenie)

  • nicht nur zur Beruhigung und Dämpfung, sondern auch zur Besserung von solchen Symptomen wie Verfolgungsangst, psychomotorischer Erregung, Halluzinationen oder Denkstörungen

  • manchmal längere Suche nach passendem Medikament notwendig

  • kein Sucht- und Abhängigkeitspotential

Tranquilizer/Hypnotika
  • Tranquilizer = Beruhigungsmittel

  • Hypnotika = Schlafmittel

  • zur Behandlung von Angst- und Panikzuständen oder schweren depressiven Erkrankungen

  • wirken rasch beruhigend und entspannend, emotional ausgleichend und schlaffördernd, antiaggressiv, muskelentspannend und verhindern Krampfanfälle

  • Gefahren der körperlichen und seelischen Abhängigkeit (Einsatz nicht länger als 4-6 Wochen)

  • Entzugssymptome nach längerer Einnahme

Missbrauch von Schlaf- und Beruhigungsmitteln
  • häufigster Gebrauch von Benzodiazepinen (Tranquilizer) wie z.B. Diazepam (Valium)

unerwünschte Nebenwirkungen:

  • Müdigkeit

  • Gang- und Bewegungsunsicherheit sowie Schwindel

  • Appetitssteigerung mit starker Gewichtszunahme und Verstopfung

  • Verlust von Aktivität

  • Einengung der Persönlichkeit (Gleichgültigkeit) und Einschränkung der Kritikfähigkeit

  • Verlangsamung der Reaktionsfähigkeit

Gefahren bei Überdosierung:

  • allgemeine Bewegungsunruhe

  • Appetitlosigkeit

  • Störungen des Sprechens

  • Störungen des Bewegungsablaufs

  • Zustände von Verwirrtheit

  • Verstimmungszustände

  • Doppelbilder

  • Kopfschmerzen

  • Krämpfe

  • muskulöse Schwäche

Umgang mit Medikamenten
  • vor jeder Medikamentenverordnung steht eine sichere Diagnose

  • Einsatz und Herabsetzen von Medikamenten immer in Absprache mit dem Arzt, Beachten der 8-R-Regel

  • keine Selbstmedikation

  • regelmäßige Einnahme bei jeder Dauerbehandlung erforderlich

  • Kenntnisse über Wirkung, Dosierung, Verlauf der Behandlung sowie der
    Nebenwirkungen

  • ständige Beobachtung und Absprachen mit dem Arzt über neu auftretende
    Beschwerden

Begriffe/Definitionen
Therapie:
  • griech. = Dienst

  • in der Medizin Bezeichnung von Maßnahmen zur Behandlung von Krankheiten und Verletzungen

  • Ziel ist die Heilung, Beseitigung oder Linderung der Symptome und die Wiederherstellung der körperlichen oder psychischen Funktionen

  • Voraussetzung ist eine korrekte Diagnose

Konzept:
  • lat. = erfassen, in sich aufnehmen

  • Bezeichnung für einen Plan, ein Programm für ein Vorhaben

Psychotherapie:
  • „jede mittels wissenschaftlich anerkannter psychotherapeutischer Verfahren vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Störungen mit Krankheitswert (aus „Psychotherapeutengesetz“)

  • Behandlung psychisch, emotional und psychomotorisch bedingter Krankheiten oder Verhaltensstörungen mit Hilfe psychischer Methoden durch verschiedene Formen verbaler und nonverbaler Kommunikation

  • Wirkung dieser Therapieform beruht auf dem Gespräch und die Beziehung zwischen Therapeut und Patient

Drei Begriffe – drei Berufsfelder
Psychiater:
  • Facharzt für seelische Erkrankungen/Störungen

  • hat Medizin studiert

  • geht von der körperlichen Seite an psychische Probleme heran

  • nach Abschluss des Medizinstudiums mehrjährige Facharztausbildung zum Psychiater (spezielle Kenntnisse über Entstehung und Verlaufsformen von Krankheiten des Geistes und der Seele und deren Behandlung)

  • Zusatzausbildung zum Psychotherapeuten möglich

Psychotherapeut:
  •  übt Psychotherapie aus

  • kann ein Psychologe oder Mediziner sein und hat eine

    psychotherapeutische Zusatzausbildung

Psychologe:
  • Abschluss eines Hochschulstudiums im Fach Psychologie

  • ist Wissenschaftler

  • zusätzliche psychotherapeutische Ausbildung möglich

Häufige psychiatrische Erkrankungen des Alters
Akute Verwirrtheit
Definition:
  • auch als „Delir“ bezeichnet

  • akuter Zustand mit Bewusstseinstrübung, zeitlicher, örtlicher und situativer Desorientiertheit sowie psychomotorischer Unruhe

  • Entwicklung des akuten Krankheitsbildes innerhalb von Stunden oder Tagen

  • Gesamtdauer einige Tage bis Wochen

Symptome:
  • im Vordergrund: Desorientierung (Zeit, Ort, Person)

  • auffällige Reduktion von Konzentrations- und Merkfähigkeit (vorrangig Kurzzeit-gedächtnis)

  • Beeinträchtigung des Bewusstseins

  • Ängstlichkeit, Misstrauen bis hin zur Wahnvorstellung und Aggression, illusionäre Verkennung und Halluzination (akustisch, optisch und haptisch = den Tastsinn betreffend)

  • beeinträchtigte Sprache (erfundene Erlebnisse und Geschwätzigkeit)

  • Störungen des Schlaf- und Wachrhythmus

  • psychomotorische Unruhe im Wechsel mit Apathie (Teilnahmslosigkeit) und Somnolenz (Benommenheit/ Schläfrigkeit)

Ursachen:

1. Erkrankungen

2. häufigste Ursache bei alten Menschen – relative Intoxikation (Vergiftung) mit Medikamenten

3. psycho-soziale Ursachen

Maßnahmen bei akuter Verwirrtheit
Sofortmaßnahmen:
  • evtl. unverzügliche Einleitung einer notfallmedizinischen Versorgung

  • Durchführung aller Vitalzeichenkontrollen

  • orale Flüssigkeitszufuhr (wenn ansprechbar)

  • Information an den Arzt

  • Betroffenen nicht allein lassen (z.B. Sturzgefahr)

  • eine vertraute Umgebung schaffen und für Ruhe sorgen

  • Therapie/Behandlung entsprechend den Ursachen

    und Symptomen und der entsprechenden Diagnose

  • weitere allgemeintherapeutische Maßnahmen insbesondere bei multimorbiden älteren Patienten wichtig:
       entsprechende Ernährungs- und Flüssigkeitszufuhr
       Thromboembolie- und Infektionsprophylaxe
       regelmäßige Lagerung und Mobilisation
       Überwachung der Vitalparameter
       Überwachung der Medikamenteneinnahme
       Hilfen zur örtlichen und zeitlichen Orientierung
       Zuwendung und Aufmerksamkeit

Chronische Verwirrtheit

Demenz:

wichtigste Erscheinungsbilder:

  • Demenz vom Alzheimer Typ

  • Vaskuläre Demenzenz vom Alzheimer Typ

  • Korsakow-Syndrom

  • Lewy-Körperchen-Demenz

Nur 20 % der Demenzkranken in Deutschland erhalten eine angemessene Therapie!
(Leitlinie Uni Witten)
  • „die Demenzerkrankung wird tabuisiert und als Variante des Älterwerdens klassifiziert

  • die Aus-, Weiter- und Fortbildungscurricula weisen Defizite auf

  • das Wissen über diagnostische Verfahren und adäquate Behandlungsmöglichkeiten ist nicht ausreichend vorhanden

  • eine Diagnosestellung erfolgt meist zu spät

  • viele Pflegeeinrichtungen sind auf Demenzerkrankte nicht ausreichend eingerichtet oder leiden unter personellen Engpässen

  • Demenzkranke können naturgemäß nur schwer ihre Beschwerden und Wünsche vorbringen

  • es fehlt ein therapeutisches Gesamtkonzept

  • neuere Medikamente werden aus Kostengründen (Budgetierung) nicht verordnet“

Demenz vom Alzheimer Typ
Definition:
  • chronische, langsam fortschreitende Erkrankung des Gehirns, bei der es zu einer Zerstörung von Nervenzellen kommt

  • nach dem deutschen Neurologen Alois Alzheimer benannt, der 1906/1907 die Symptome und die typischen krankhaften Veränderungen im Gehirn beschrieben hat

  • auftretende Veränderungen entstehen durch Ablagerung von fehlerhaft gebildeten Eiweißstrukturen innerhalb und außerhalb der Nervenzellen des Gehirns und führen zur Zerstörung der betroffenen Nervenzellen

  • mit 70 % die häufigste Form einer Demenz

  • mit zunehmendem Alter nimmt die Häufigkeit zu und liegt bei den über 90-Jährigen bei ca. 20 %

Symptome:
  • Beeinträchtigung von Gedächtnis, Denken, Orientierung, Auffassung, Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache und Urteilsvermögen

  • Aphasie (Verlust des Sprechvermögens, Wortfindungsstörung)

  • Apraxie (Unfähigkeit zu geschickten, planvollen Bewegungen von Körperteilen)

  • Agnosie (Erkennungsstörung)

  • Akathisie (psychomotorische Unruhe, quälender Bewegungsdrang)

  • Persönlichkeitsveränderungen

  • Beeinträchtigung in den Lebensaktivitäten

  • keine Bewusstseinstrübung

  • Veränderungen der emotionalen Kontrolle, des Sozialverhaltens oder der Motivation

  • Dauer der Symptomatik mindestens 6 Monate

Vaskuläre Demenz
Definition:
  • vaskulär = gefäß- oder durchblutungsbedingt

  • alle demenziellen Störungen, die durch Hirnblutungsstörungen verursacht werden

  • überwiegend arteriosklerotische Wandveränderungen der Hirngefäße bei ausgeprägtem chronischem Bluthochdruck

  • Untergang von Nervengewebe infolge von Durchblutungsstörungen oder Gefäßstenosen (Verengung)/Gefäßverschlüssen im Bereich sehr kleiner Hirnarterien

Ursachen:
  • durch viele kleine, zum Teil unbemerkte Schlaganfälle

  • Behinderungen des arteriellen Zuflusses durch arteriosklerotische Gefäßveränderungen bedingt durch Diabetes, Rauchen, Adipositas

  • Thrombenbildung bei Gefäßwandveränderungen und/oder Veränderungen der Fließgeschwindigkeit des Blutes

  • Hypertonie

  • Intoxikationen

Therapie dementieller Erkrankungen

„Nicht allein die Verbesserung der Symptomatik, auch ein Aufhalten oder ein Stillstand sowie eine Verlangsamung des Krankheitsverlaufes sind bereits ein Therapieerfolg.“

psychosoziale Maßnahmen
Pflegekonzepte der gerontopsychiatrischen Pflege

Pflegekonzepte sind Teil einer Therapie psychisch Alterskranker.

Die Anwendung bestimmter Konzepte setzt voraus:

  • fachliche Kompetenz (Altenpflegeausbildung, Fachweiterbildung in Gerontopsychiatrie, u.a. Fort- und Weiterbildungen)

  • soziale Kompetenz (Empathie, Verantwortungsbewusstsein)

  • personale Kompetenz (Kommunikationsfähigkeit, Kritikfähigkeit, Kreativität)

  • räumliche Bedingungen

  • die einzelnen Pflegekonzepte müssen vom ganzen Pflegeteam angewendet und ständig auf ihre Wirksamkeit geprüft werden

Einzelne Konzepte können miteinander verknüpft werden.

Pflegekonzepte der gerontopsychiatrischen Pflege
Bezugspflege
Definition:
  • Zuständigkeit einer Pflegeperson für einen/mehrere Pflegebedürftige(n)

Ergebnisse einer guten Bezugspflege:
  • zusätzliche Informationen des psychisch Alterskranken für das gesamte Pflegeteam

  • verbesserte Pflegequalität

  • Heraufsetzung der Arbeitszufriedenheit

  • Zufriedenheit beim Pflegebedürftigen

Basale Stimulation
Ziele:
  • positive Beeinflussung des gestörten Körperbildes

  • Aufrechterhaltung und Wiedererlangung verlorener sinnlicher Wahrnehmung

Definition:
  • Pflegekonzept zur Förderung der Wahrnehmungs-, Kommunikationsund Orientierungsfähigkeit  vonMenschen, die durch Krankheit, Alter oder Isolation einen Mangel an gewohnten Sinnesreizen erleiden

  • basal (von Basis) = Grundlage, Voraussetzung, Bedingung

  • Konzept, Menschen mit Wahrnehmungsverlusten so anzuregen, dass diese mit sich und ihrer Umwelt wieder in Kontakt treten

Anwendung bei:
  • Bewusstseinsbeeinträchtigten

  • Beatmeten

  • Immobilen

  • Desorientierten/Dementen

  • Somnolenten (benommen, schlafsüchtig)

  • Schädel-Hirn-Traumatisierten

  • Sterbenden

  • Pflegebedürftigen mit hemiplegischem (halbseitig gelähmt) oder apallischem (Wach-Koma) Syndrom

Somatische Stimulation - Ganzkörperwaschung
10-Minuten-Aktivierung
Definition:
  • Aktivierung des Langzeitgedächtnisses mit „Erinnerungsschlüsseln“

Methoden/Ziele:
  • 10-minütige Dauer in Morgenkreisen, aktivierenden Gruppenstunden oder Einzelbetreuungen

  • gezielter Einsatz von vertrauten Gegenständen des täglichen
    Lebens des Betroffenen zum Anknüpfen an die Vergangenheit

  • Gegenstände wie alte Bekleidungsstücke, Haushaltsgeräte, Werkzeuge als zielgerichteter Reiz, um biografisch verankerte Fähigkeiten (Handwerker, Hausfrau) und gelebte Antriebe (Fürsorglichkeit, Pflichtbewusstsein) aufzuspüren

  • Gespräche zur Rückbesinnung (Förderung der Kommunikation)

  • Erhaltung von Körpergefühl und Beweglichkeit

  • emotionale Stimulation über mehrere Sinneskanäle durch das Hantieren mit bestimmten Gegenständen

Validation
Definition:
  • eine Kommunikationsform als Therapie für alte Menschen ab etwa 70 Jahre
    (beste Erfolge), die an Alzheimer bzw. der damit verwandten Formen von geistiger Verwirrung leiden, um mit ihnen in Verbindung zu treten und zu bleiben

  • geht von der Annahme aus, dass alte Menschen am Ende ihres Lebens in eine Aufarbeitungsphase kommen

  • durch bestimmte Techniken ist eine Kommunikation mit ihnen möglich

Aufgaben:
  • Aufarbeiten von tiefen, ungelösten Gefühlen, Konflikten, statt zu „vegetieren“ – Rückkehr in die Vergangenheit, um diese zu lösen, Wiederherstellung des Selbstwertgefühls

  • Zuhören – verwirrte alte Menschen geraten in ein Endstadium des „Aufarbeitens“ und brauchen jemanden, der ihnen zuhört, Verbesserung der Kommunikation

  • Bestätigen von Gefühlen, sonst Rückzug, Rechtfertigung des gelebten Leben

Validation hilft Menschen, die
  • sehr alt sind und ein relativ glückliches Leben geführt haben, aber ernste Krisen ihr ganzes Leben lang geleugnet haben

  • an überlebten Rollen festhalten

  • Beeinträchtigungen des Gehirns, der Sehkraft und des Gehörsinns aufweisen

  • beschränkte Bewegungsfähigkeit und Gefühlskontrolle sowie ein mangelhaftes Kurzzeitgedächtnis haben

  • ihr Bedürfnis nach Liebe, nach Identität und danach, ihre Gefühle auszudrücken, durch Körperbewegungen und früh erlernte Bilder befriedigen unbewältigte Gefühle haben, die sie ausdrücken müssen

  • sich auf die Ebene des Unbewussten zurückziehen, um der schmerzvollen Realität der Gegenwart zu entgehen

  • sich im Stadium – Aufarbeiten oder Vegetieren – befinden bei ihrem Bemühen, die Vergangenheit wachzurufen, sie sind bis zu ihrem Tod mit dem Aufarbeiten beschäftigt

Anwendung der Validation

1. Schritt:

Sammeln von Informationen
  • (unvollendete Lebensaufgaben, unterdrückte Emotionen, unerfüllte grundlegende menschliche Bedürfnisse, frühere Beziehungen in der Familie, Freundschaften, Beruf,
    Hobbys, unerfüllte Ambitionen, Religion, Glaube, Verhalten in Krisensituationen)

  • drei Möglichkeiten, um Informationen zu erhalten: mündlicher Bericht
    („Hier-und-Jetzt-Fragen/Damals-und-Dort-Fragen)

Beobachtung der körperlichen Charakteristika
Befragung der Angehörigen

2. Schritt:

Bestimmen des Stadiums

3. Schritt:

regelmäßiges Besuchen und Anwendung der
Validationstechniken
  • (Einzelanwendung 3-4 mal in der Woche je 2-10 min.)

Übersicht der Validationstechniken
1. Zentrieren:
  • spezielle Form der Entspannung für den Anwender

  • Innehalten (Beiseitestellen eigener Gefühle wie Ärger/Aggressionen, bessere Konzentration auf Pflegebedürftigen möglich)

2. W-Fragen:
  • Ermunterung zu freien Antworten

  • Fragen: Was? Wer? Wann? Wohin? Wo? (vor allem in Phase 1/2)

  • keine Fragen mit Warum? Weshalb? Wieso? (Überforderung)

3. Wiederholen:
  • Wiederholung wichtiger Aussagen und Schlüsselwörter

  • Verwendung einer ähnlichen Tonlage und Sprechgeschwindigkeit

4. Fragen nach dem Extrem:
  • vor allem in Phasen 1/2 in Verbindung mit dennTechniken „Fragen nach dem Gegenteil/Erinnern“

  • Finden von vertrauten Problemlösungen aus der Vergangenheit, um zu beruhigen (z.B. Wann war es denn am besten?, Wann haben Sie sich am wohlsten gefühlt?, Waren Sie immer so allein wie heute?)

5. Herstellung von Augenkontakt:
  • vor allem in Phasen 1/2 wichtig

6. Anpassen der Tonlage:
  • vor allem in Phasen 1-3

  • klare, beruhigende und sanfte Stimmlage (Berücksichtigung der Hörminderung alter
    Menschen für hohe Töne)

7. Pacing (Spiegeln):
  • vor allem in Phasen 1-3

  • Anpassung des Körperrhythmus des Gegenüber (Mitschwingen, Schrittgeschwindigkeit)

  • Sprache (Tempo, Tonfall, Sprachmelodie, Tonhöhe)

8. Eingehen auf die Grundbedürfnisse:
  • herausfinden, ob Bedürfnisse nach Sicherheit, Geborgenheit, Liebe und Anerkennung Grund für bestimmte Verhaltensweisen sind (Symbolcharakter bestimmter Gegenstände/Handlungen)

9. Nutzen des bevorzugten Sinnesorgans:
  • vor allem in Phasen 1-3

  • Kommunikation entsprechend anpassen (visuell, auditiv, olfaktorisch)

10. Einsatz von Körperkontakt:
  • nicht in Phase 1, erst ab Phase 2

  • Herausfinden, ob Berührungen vom Gepflegten akzeptiert und als angenehm empfunden werden (z.B. väterliche Berührungen=Schulter- und Hinterkopfbereich, mütterliche Berührungen= Wangenbereich)

11. Einsatz von Musik:
  • gemeinsames Singen/Summen mit dem Betroffenen in Phasen 2-4 (kann Zugang zu
    diesen Menschen verbessern)

Spezielle validierende Pflege nach Brigitte Scharb
  • die Voraussetzung, um das Verhalten alter Menschen in den 4 Stadien zu verstehen, ist die Entschlüsselung der Symbolsprache, die Kenntnisse über die Lebensgeschichte und Lebensumstände der desorientierten und unglücklich
    orientierten Menschen geben

  • „Ich halte die Symbolsprache für die einzige Fremdsprache, die jeder von uns lernen sollte.

  • Wenn wir sie verstehen, kommen wir mit dem Mythos in Berührung, der eine der bedeutsamsten Quellen der Weisheit ist.

  • Tatsächlich verhilft sie uns zum Verständnis einer Erfahrungsebene, die deshalb spezifisch menschlich ist, weil sie nach Inhalt und Stil der ganzen Menschheit gemeinsam ist.“

(Brigitte Scharb in „Spezielle validierende Pflege“)

Beispiele für typisch eingesetzte Symbole und ihre
mögliche Bedeutung:
Integrative Validation (IVA) nach Nicole Richard
  • Wahrnehmung und Beobachtung verbleibender Ressourcen (Fähigkeiten und Kompetenzen)

  • Aktivierung und Integration der Ressourcen in die Pflege zur Förderung der Selbstständigkeit

  • im Mittelpunkt zwei Ressourcengruppen als zentrale Aspekte:

Antriebe und Gefühle

Antriebe:
  • angelegte oder früh erlernte Normgefüge (einer Epoche oder Generation)

  • lebensgeschichtliche Herleitung

  • Motiv und Triebfeder des Handelns

  • persönliche Ausprägung und Gestaltung, z.B. Ordnungssinn, Pflichtbewusstsein,
    Fürsorge

Gefühle:
  • direkter Ausdruck der momentanen Befindlichkeit oder als Reaktion auf Personen und Umwelterfahrungen

  • werden echt, spontan und pur vermittelt

  • oft in Verknüpfung mit inneren Erlebniswelten

  • Menschen mit Demenz orientieren sich in ihren persönlichen Gefühlen, z.B. Hilflosigkeit, Wut, Trauer, Zufriedenheit

ROT (Realitäts-Orientierungs-Training)
Definition:
  • strukturelle Orientierungshilfen (klare Anleitungen), um verwirrte ältere Menschen wieder in die Realität zu holen

Ziele:
  • Verbesserung der zeitlichen, örtlichen und personellen Orientierung der alten
    verwirrten Menschen

  • Förderung der Gedächtnisleistung

  • Förderung der zwischenmenschlichen Kommunikation und sozialen Interaktion

  • Erhaltung der persönlichen Identität

Hauptkomponenten:

Training des Pflegepersonals:

24-Stunden-ROT:

Classroom-ROT:

Milieutherapie
Definition:
  • Konzept zur Anpassung der psychosozialen Umwelt an die
    krankheitsbedingten Beeinträchtigungen der Wahrnehmung, der emotionalen Erlebniswelt, des Verhaltens und der Ressourcen des psychisch Alterskranken

  • ungünstiges Milieu kann krankheitsfördernd wirken

  • Anpassung des Wohnumfeldes zur Förderung des Wohlfühlaspektes (z.B. eigenes Mobilar, persönliche Gegenstände)

Konzeptziele:
  • Kompensation krankheitstypischer Einschränkungen

  • positive Beeinflussung der emotionalen Befindlichkeit

  • Vermeidung von negativen Auswirkungen eines institutionell geprägten Milieus

  • angepasstes und würdiges Leben möglich durch hohes Maß an Vertrautheit mit
    der sozialen Umgebung

Gedächtnistraining
Definition:
  • verschiedene Techniken und Methoden zur Verbesserung der geistigen Leistungsfähigkeit

Konzeptziele:
  • Förderung des Gedächtnisses

  • Erhalt der geistigen Fähigkeit im Anfangsstadium einer Demenz und Hinauszögerung des geistigen Abbaus und Leistungsfähigkeit

  • Vermittlung von Erfolgserlebnissen

  • Erhöhung des Selbstwertgefühls

Grundsätze:
  • Kenntnisse in der Biografie des Betroffenen

  • kein Stress und Leistungsdruck

  • Berücksichtigung vorhandenen Wissens

  • breite Förderung der geistigen Funktionen, die noch vorhanden sind

  • Training z.B. von Konzentration, Wahrnehmung, Merkfähigkeit, Reproduktion, Wortfindung, Wortformulierung, Erinnern, Zuordnen

  • Gedächtnistraining mit allen Sinnen

  • neben der geistigen Förderung auch Förderung und Erhalt kommunikativer Fähigkeiten

Musiktherapie
Definition:
  • Methode, um auf nonverbaler und nichtkognitiver Ebene mit dem Betroffenen in Beziehung zu treten

  • Bewusstmachen unbewusster Emotionen und Verhaltensweisen durch Klänge, Rhythmen und Lieder

Konzeptziele:
  • bessere Wahrnehmung der Außenwelt

  • Förderung des Zeit- und Raumempfindens

  • Förderung von Kontaktfähigkeit

  • Möglichkeit, Emotionen auszudrücken

  • Förderung der Kommunikation

  • Schaffung von Erfolgserlebnissen

  • Motivation zu körperlicher Bewegung

Snoezelen
Definition:
  • von „snuffelen“ (schnüffeln) als Ausdruck der Freiheit des Erlebenden und „doezelen“ (dösen) als Ausdruck für Entspannung und emotionale Geborgenheit

  • Stimulierung und Aktivierung einzelner Sinneswahrnehmungen wie z.B. Tasten, Sehen, Geruch mit Hilfe von Licht, Geräuschen, Gerüchen und Musik

Konzeptziele:
  • Entspannung und Vitalisierung

  • Grundlage für weitere Kommunikation

  • als „Türöffner“ zwischen Betroffenem und Pflegendem

  • Koppelung mit anderen therapeutischen Ansätzen

  • mehr Zufriedenheit beim Betroffenen und Pflegenden

Konzeptbeschreibung:
  • in speziell hergerichteten Räumen mit einer freundlichen und harmonischen
    Atmosphäre zum Wohlfühlen und Entspannen

Hilfsmittel:
  • Lichteffekte, taktile Stimulationen (Berührung), angenehme
    Gerüche, meditative Musik, Instrumente

Erinnerungspflege
Definition:
  • „Reminicencetherapie“

  • Lebensrückschau und biografisches Arbeiten über Gespräche oder Erinnerungsreize
    (bekannte Musikstücke, Fotos, Gerüche) Aktivierung des Langzeitgedächtnisses

  • biografische Orientierung zum Erkennen lebensgeschichtlicher Zusammenhänge

Konzeptziele:
  • Erfolgserlebnisse und Zufriedenheit

  • Stimmungsverbesserung

  • Förderung des Selbstwertgefühls

  • Verringerung der Aggressionsbereitschaft und Unruhe

  • Möglichkeiten für eine sinnvolle Beschäftigung

Persönlichkeit/Biografie
persönliche Entwicklung:
  • Charakter (Sanguiniker, Choleriker, Melancholiker, Phlegmatiker)

  • Kindheit

  • Familie (Stellung, Rolle)

  • Beruf (Intellektueller, Praktiker, führende Position, Angestellter, Arbeiter,
    Arbeitslosigkeit)

  • soziales Umfeld (Nachbarn, Freunde)

  • Nationalität

  • Schicksale (Verluste)

  • materielle Situation (Finanzen, Wohnbedingungen, Ansprüche)

  • Hobbys/Freizeit

Lebenserfahrungen
Hunger:
  • durch Krieg, Armut und Arbeitslosigkeit besonders in Großstädten

  • vor allem in den 20er Jahren Wirtschaftskrise und nach dem 2.Weltkrieg

  • daraus resultierend große Sparsamkeit und manchmal auch Geiz, nichts wegzuwerfen

Angst:
  • durch Krieg Angst vor Bomben und Tod

  • Verfolgung, Verrat und Vertreibung im Krieg

  • Existenzängste

  • vor der Zukunft

  • vor Repressalien

Armut:
  • durch Kriege und Wirtschaftskrisen

  • keine ausgewogene Ernährung

  • nicht genug Wäsche

  • oft nur kleiner den minimalsten Bedürfnissen entsprechenden Wohnraum

  • Hygiene dem heutigen Standard entsprechend war Luxus

Weltanschauung:
  • stark an der Religion ausgerichtet

  • damit verbundene andere moralische und ethische Ansichten als heute

  • Rolle als Täter oder Opfer im Krieg

  • Erleben des Faschismus als Gesellschaftsdoktrin

  • Widerstand und Misstrauen

  • nach dem Krieg Verdrängen

  • Erleben des Sozialismus

  • Identitätsverluste aber auch Freude nach dem Fall der Mauer

soziales Umfeld:
  • veränderte Familienverhältnisse (Emanzipation der Frau, weniger Großfamilien, mehr Scheidungen)

  • größere sexuelle Aufklärung und Akzeptanz

  • mehr Erholung und Freizeit

  • allgemeine Verbesserung der finanziellen Verhältnisse und
    familiären Absicherung

Bindungstheorie
Definition:
  • Geborgenheitstherapie

  • Elternorientierungsverhalten aus Hilflosigkeit und Unsicherheit als Bindungsverhalten

Methoden:
  • „Aufgehobensein“ in Problemsituationen durch Gefühlsarbeit und durch taktile Kommunikation

  • Vermittlung von Gefühlen wie Sicherheit und Geborgenheit

  • Einbeziehung von Tieren

Inhalt:
  • Zuwendung auf eine enge Bezugsperson während des ganzen Lebens (Elternfixierung)

  • in Augenblicken großer Unsicherheiten und Gefahr Suche nach dieser Bezugsperson, z.B. ständiges Rufen eines Dementen nach einem Elternteil

  • wachsende Unruhe als Ausdruck von Einsamkeitsgefühlen und als Kontaktwunsch

  • Festhalten über Symbole: Hausschlüssel, Geldbörse, Taschentücher, Puppen, Anklammern an Angehörige/Pflegepersonal

SET (Selbst-Erhaltungs-Therapie)
Definition:
  • systematisches Üben von biografischem und anderem selbstbezogenem Wissen
    zur Reaktivierung

  • kontinuierliches Üben/Wiederholen noch erhaltener Fähigkeiten

Ziele:
  • Bewahrung der personalen Identität über einen möglichst langen Zeitraum entgegen dem fortlaufenden Abbauprozess

  • Vermeiden von Eintönigkeit und Erlebnisarmut

  • verlängertes Erhalten des Wissens über sich selbst

Hauptprinzipien:
  • Abstände zwiAnerkennung und nicht unnötiges Infragestellen des „Selbst“ des Betroffenen (Anerkennung des Wissens und der Informationen, nicht verletzen, seine Wahrheiten akzeptieren)

  • „Überlernen“ von ausgewähltem selbstbezogenem Wissen

  • Auswahl des zu übenden Wissens auf die aktuelle Situation und die zu erwartenden kognitiven Verluste abstimmen

  • kontinuierliches Üben noch erhaltener Fähigkeiten

  • Schaffung von Selbstwert durch Biografiearbeit

Pflege nach Erwin Böhm
  • Begründer des psychobiografischen Pflegemodells

  • vertieftes Pflegeverständnis durch eine intensive Auseinandersetzung mit der (Gefühls)-Biografie des Betroffenen

  • Verhaltensweisen als Resultat der Biografie/Prägung

  • die Demenz nicht nur organisch sondern auch psychobiografisch betrachten

Ganzheitliche Erkenntnisse durch Erwin Böhm
  • Prägungszeit (erste 20-25 Jahre des Lebens) gewinnt mit zunehmendem Alter an Bedeutung (Reaktivierung des Altgedächtnisses)

  • Erstellung der Biografie (nicht nur chronologisch, sondern auch „psychobiografisch“)

  • Erfassen von Copings (d.h. von Problemlösungsstrategien)

  • möglichst langer Erhalt der körperlichen und geistigen Selbstständigkeit

  •  auffällige Alterserscheinungen (z.B. Vergesslichkeit, Aggression sind positiv beeinflussbar)

  • primäre Altersstörungen sind seelisch verursacht

Kinästhetik als kreatives Handlungskonzept
Kinästhetik:
  • Lehre von der Bewegungsempfindung

  • Handlungskonzept, dass sich an den Ressourcen der Menschen orientiert

  • befähigt Pflegende, Pflegebedürftige zu mobilisieren und gleichzeitig mit dem
    eigenen Körper ökonomisch (schonend) umzugehen

  • befähigt Pflegende, Pflegebedürftige zu mobilisieren und gleichzeitig mit dem
    eigenen Körper ökonomisch (schonend) umzugehen

  • eigene Bewegungen können besser kontrolliert und zielgerichteter eingesetzt
    werden

Methodische und konzeptionelle Ansätze in der Pflege: Personenzentrierte Pflege nach Kitwood
  • nach dem britischen Psychologen Tom Kitwood (1995)

  • „stellt die Einzigartigkeit der Person in den Mittelpunkt”

  • hängt von der Qualität der Pflegebeziehung und der Interaktionsfähigkeit des Pflegepersonals ab

  • „ein Remenzprozess (Rückbildung), der die Wiederherstellung personaler Funktionen unterstützt und dabei grundlegende Bedürfnisse wie Halt und Trost, Nähe und Geborgenheit sowie soziale Verbundenheit stärkt und dabei Beschäftigung und
    Identitätsarbeit ermöglicht“ (z.B. durch Validation, Snoezelen, Basale Stimulation, Humor, Feste, Umgang mit Tieren)

DCM nach Tom Kitwood
DCM = Dementia Care Mapping
  • ein Beobachtungsverfahren speziell für Menschen mit Demenz

  • mit Hilfe von DCM Möglichkeiten zur Einschätzung von Perspektive und Wohlbefinden von Betroffenen in einer Einrichtung

  • durch Beobachtungen Deutung verbaler und nonverbaler Signale mit Hilfe von
    Kodierungen möglich

  • Beobachtungen können helfen, Gründe für ein verändertes Verhalten (z.B. Aggression) herauszufinden und die Pflege, Förderung und Begleitung Betroffener zu verbessern

Mäeutischer Ansatz
= erlebnisorientierte Pflege
  • basiert auf Beobachtungen (durch Reflexion und Kommunikation), die Pflegende in Beziehung zum Pflegebedürftigen bewusst erleben

  • Grundvoraussetzung ist die Bezugspflege

  • gemeinsames Erleben von positiven und negativen Gefühlen in einer persönlichen Beziehung

Gegenüberstellung konzeptionelle Ansätze
Depression
Definition:
  • krankhafte Verflachung der Gefühle

  • keine Schwankungen der Stimmung erkennbar, unentwegtes Stimmungstief

Definition nach ICD-10:
  • Erkrankungen des affektiven Erlebens (Gefühlslebens)

Symptome:
  • gedrückte/traurige Stimmung, Freudlosigkeit und Interessenverlust

  • verminderter Antrieb und gesteigerte Ermüdbarkeit

  • Verlust des Selbstvertrauens/Selbstwertgefühls

  • Selbstvorwürfe und unangemessene Schuldgefühle

  • vermindertes Denk- oder Konzentrationsvermögen

  • psychomotorische Hemmung oder Unruhe

  • Schlafstörungen

  • verminderter Appetit mit Gewichtsveränderung

  • Suizidgedanken/Suizidhandlungen

Eine Diagnose „Depression“ wird bei einer Dauer der
Symptome von mindestens zwei Wochen gestellt. Angststörungen, Abhängigkeitserkrankungen, Schizophrenie
oder die Anfangsphase der Demenz können zu einer
Depression führen.

Therapie einer Depression
  • eine kombinierte psychotherapeutische und psychopharmakologische Behandlung als wichtigstes Behandlungsprinzip bei gesicherter Diagnose

  • bei körperlich (mit)bedingten affektiven Störungen Therapie der Grunderkrankung

  • Antidepressiva zur Stimmungsaufhellung, Beruhigung und Antriebssteigerung (erzeugen aber keine gesund erhaltenden Verhaltensmuster und Gefühle)

Behandlung einer Depression bei älteren Menschen
  • bei ca. 60-70 % führt eine Antidepressiva-Therapie zu einer deutlichen Besserung

  • in der Regel bei älteren Menschen eine behutsamere und länger andauernde
    Behandlung von mindestens 6-12 Monaten notwendig

  • Diagnose erschwert, weil vor allem mehrere, oft wechselnde unspezifische
    körperliche Symptome dominieren (oft Bagatellisierung depressiver Symptome)

Ziel der Psychotherapie bei älteren Menschen:
  • Klärung der gegenwärtigen Lebenssituation

  • Identifizierung von Risikofaktoren

  • Bewältigung von Verlusterlebnissen

  • Entlastung von Schuldgefühlen

  • Eröffnung neuer Zukunftsperspektiven

  • überwiegender Teil von Depressionen im

 

Alter als Reaktion auf die besonderen
Lebensumstände

(häufig Verlusterlebnisse)

biologische, soziale und psychologische Faktoren als
Auslöser:
  • wie nachlassende Gesundheit und Leistungsfähigkeit

  • Abnahme von Alltagsaktivitäten

  • soziale Isolierung und Vereinsamung

  • auch begleitend zu bereits bestehenden affektiven Erkrankungen, neurotischen
    Störungen oder aber infolge degenerativer hirnorganischer Prozesse

Mögliche Nebenwirkungen von Antidepressiva
  •  anfangs oft Schwindel und Benommenheit

  • Beschleunigung der Herzfrequenz

  • Kreislaufstörungen mit Blutdruckabfall

  • Verstärkung einer vorhandenen Herzschwäche

  • Mundtrockenheit und trockene Schleimhäute

  • Magen-Darm-Beschwerden (z.B. Verstopfung, Übelkeit)

  • vermehrter Appetit und Gewichtszunahme

  • Kopfschmerzen

  • Müdigkeit

Schizophrenie
Definition:

Störungen

  • der Persönlichkeit (des Ichs und des Selbsterlebens)

  • der Realitätsauffassung

  • der Wahrnehmung und der Affektivität (Gesamtheit des menschlichen Gefühls- und
    Gemütslebens)

  • ohne erkennbare Hirnkrankheit

  • ohne Trübung des Bewusstseins und ohne Einwirkung psychotroper (anregender oder dämpfender) Substanzen

Symptome:
  • Störungen des Denkens, der Affektivität und des Antriebes, in erster Linie Zerfahrenheit, Ambivalenz (Zwiespältigkeit, Zerrissenheit) und Autismus (krankhafte Ichbezogenheit und affektive Teilnahmslosigkeit)

  • Wahn, Halluzinationen und katatone (krampfartige) Bewegungsmuster

  • Bewusstsein, Intelligenz, Orientierung und Gedächtnis sind in der Regel nicht beeinträchtigt

  • die Symptome müssen fast ständig während eines Monats oder länger deutlich vorhanden sein, um von einer schizophrenen Störung sprechen zu können

Schizophreniesymptome bei älteren Menschen:
  • verfestigte Wahnsysteme

  • Veränderung in der Persönlichkeitsstruktur

  • erhebliche Antriebsstörungen

  • Verflachung der Gefühlsäußerung

  • Beeinträchtigung des Kritik- und Urteilsvermögens

  • Vernachlässigung der Körperpflege

  • eigenartige Bewegungsstereotypien

Therapie der Schizophrenie
  • mehrdimensionaler Therapieansatz:  

                                             1. Pharmakotherapie
                                             2. Psychotherapie
                                             3. Soziotherapie

  • weitere Bestandteile können sein:

                                             Ergotherapie (Arbeit und Beschäftigung)
      Körperpsychotherapie (körperliche Bewegungsund Ausdrucksübungen, z.B. Yoga)
                                   Entspannungstherapie (z.B. autogenes Training)
                                                          Kunsttherapie (z.B. Malen)

Pharmakotherapie:
  • durch Einsatz von Neuroleptika, besonders nebenwirkungsärmere Behandlung durch atypische (neuere) Neuroleptika

Hauptwirkungen:
  • Linderung der akuten Symptome
    entspannende und schlaffördernde Wirkung
    deutlicher Schutz vor Wiedererkrankung

Besonderheit der Verabreichung von Neuroleptika:
  • keine sofortige Wirkung (über Tage bis Wochen)

  • behutsam aufgebauter Medikamentenspiegel (Einstellung kann länger dauern)

  • nach Absetzen der Medikamente kein sofortiges Nachlassen der Wirkung

  • teilweise gravierende Nebenwirkungen (Bewegungsstörungen besonders im Gesichtsbereich und den Extremitäten, parkinsonähnliche Symptome und Bewegungsunruhe)

weitere Hauptgruppen von Medikamenten:
  1. Benzodiazepine bei Angst- und Unruhezuständen (Gefahr der Abhängigkeit)

  2. Antiepileptika zur vorbeugenden Wirkung bei ausgeprägtenm manischen oder depressiven Symptomen

  3. Antidepressiva

  4. Antiparkinsonmittel bei Nebenwirkungen der Neuroleptika

Psychotherapie:
  • Unterstützung bei der Verarbeitung des in der Akutphase Erlebten und Vermittlung von Bewältigungsmöglichkeiten

  • verhaltenstherapeutische Behandlungsansätze (Vermittlung zum Verständnis der Erkrankung, Stärkung der Selbstverantwortung und Verbesserung der Fähigkeit zur Selbsthilfe)

  • Verringerung der erkrankungs- und medikamentenbedingten Einschränkungen und Herstellung des Verständnisses für die Behandlung und die Mitarbeitsbereitschaft

Soziotherapie:
  • vorrangig in den Lebensbereichen Wohnen und Arbeit

  • soziotherapeutische Beratung bei krankheitsbedingten Einschränkungen in den Lebensbereichen

Suchterkrankungen
Missbrauch:

„körperlicher und seelischer Schaden aufgrund des Gebrauchs in übermäßiger Menge oder (bei Medikamenten in nicht zweckentsprechender Weise“

Abhängigkeit:

„übermächtiges Verlangen nach Einnahme von Drogen oder Alkohol, überwertig gegenüber anderen, früher höher bewerteten Verhaltensweisen“

Alkoholabhängigkeit

ca. 3 % der Erwachsenen (Schätzung bei 2-3 Mill., dazu
ebenso viele Gefährdete sowie betroffene Angehörige)

erhebliche sozialmedizinische Bedeutung:
  • 30 % der psychiatrischen Krankenhausaufnahmen (50 % Männer, 20 % Frauen)

  • 10-20 % der Patienten im Allgemeinkrankenhaus

  • 10-15 % der Patienten in der Allgemeinpraxis

  • Beteiligung von Alkohol bei ca. 50 % aller Straftaten (Aggressionsdelikte) sowie bei ca. 50 % aller Selbstmordversuche

Formen des Alkoholismus
(„Basiswissen Psychiatrie")
Therapie des Alkoholismus
Medikamentenabhängigkeit
Medikament
  • Abhängigkeitspotential, Dosis, Dauer, Kombination

Persönlichkeit
  • Suchtgefährdung, Lebenssituation, innere Griffnähe

Umwelt:
  • Familie, Arzt, Apotheker, Herstellung, Werbung, äußere Griffnähe

Test:

Eine Abhängigkeit liegt vor, wenn
  • die Einnahme bestimmter Schmerz-, Schlaf- oder Beruhigungsmittel nicht beendet werden kann

  • wenn eine bestimmte Menge eingenommen werden muss, um sich wohler zu fühlen oder bestimmte Belastungen zu bewältigen

  • körperliche oder seelische Beeinträchtigungen auftreten, sobald die Medikamente nicht genommen werden

  • wenn darunter gelitten wird, dass keine Tabletten mehr zur Verfügung stehen

  • wenn die früher beruhigende Wirkung plötzlich in eine anregende umschlägt

  • wenn begonnen wird, sich selbst zu beschwindeln und Angaben zur Menge des Konsums verfälscht werden

  • wenn mit verschiedensten Methoden versucht wird, Medikamente zu bekommen

Therapie der Medikamentenabhängigkeit
  • viele Betroffene sind eine lange Zeit während ihrer Abhängigkeitsentwicklung für Hilfsangebote aus dem Umfeld nicht oder kaum zugänglich (aggressive Reaktionen)

  • gute Aussicht, wenn sich bei Betroffenen psychische und physische Folgen der Sucht nachhaltig zeigen (meist persönlicher Tiefpunkt)

  • Behandlung durch einen Arzt oder Psychotherapeuten

  • langwieriger Prozess

  • zu Beginn Entgiftung und Behandlung auftretender Entzugssymptome im Vordergrund (z.B. Unruhe, Angst, Kreislaufstörungen) und schrittweise Reduzierung der Medikamente

  • anschließend Behandlung der psychischen Abhängigkeit

  • Nachsorge

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telefonisch:

Kenbi Campus 0171/ 3140321 oder

Mail: campus@kenbi.de

 

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