ES1: Standardkriterium 1 (Teil 2)

Standardkriterium 1 (Teil 2 von 2)

  • Die Pflegefachkraft verfügt über aktuelles Wissen zur Dekubitusentstehung sowie über die Kompetenz, das Dekubitusrisiko einzuschätzen.

  • Die Pflegefachkraft beurteilt mittels eines systematischen Vorgehens das Dekubitusrisiko aller Patienten/Bewohner, bei denen eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden kann. Dies geschieht unmittelbar zu Beginn des pflegerischen Auftrags und danach in individuell festzulegenden Abständen sowie unverzüglich bei Veränderungen der Mobilität, der Aktivität oder bei Einwirkungen von externen Faktoren (z. B. Sonden, Katheter), die zur erhöhten und/oder verlängerten Einwirkung von Druck und/oder Scherkräften führen.

  • Eine aktuelle, systematische Einschätzung der Dekubitusgefährdung liegt vor.

Initialer Ausschluss eines Dekubitusrisikos
  • Durch Beobachtung und unter Berücksichtigung der Anamnese wird hinterfragt, ob der Patient möglicherweise dekubitusgefährdet sein könnte. Hilfreich für dieses Screening sind die wissenschaftlich belegten Kriterien in der folgenden Tabelle (7 Kriterien zum Ausschluss der Dekubitusgefährdung). Wenn die erfahrene Pflegefachkraft unter Berücksichtigung der genannten Risikofaktoren eine Gefährdung annimmt, folgt die genauere Überprüfung im Assessment sowie die ausführliche Hautinspektion. Alle Ergebnisse sollten in einem Formular dokumentiert werden.

Differenzierte Risikoeinschätzung
  • Durch Beobachtung und Hautinspektion wird das festgestellte Risiko im Assessment genauer überprüft, auch unter Berücksichtigung der subjektiven Angaben des Patienten oder seiner Angehörigen.

  • Praxistipp: Für die Hautinspektion eignet sich der Fingertest oder die Beobachtung der Haut mithilfe einer kleinen, durchsichtigen Plastikscheibe oder einem Kunststoffspatel. Dadurch kann die Durchblutung der darunterliegenden Haut sehr gut festgestellt werden. 

     

  • Für die differenzierte Einschätzung sollten die Faktoren Aktivität, Mobilität und extrinsische Faktoren überprüft und dokumentiert werden

Merke
  • Aktivität: die Fähigkeit, sich von einem Ort zum anderen zu bewegen.

  • Mobilität: Fähigkeit, die Körperposition zu verändern. 

  • Extrinsische oder iatrogene Faktoren: Einflüsse von außen oder durch ärztliche bzw. Pflegemaßnahmen, die die Bewegungsfähigkeit des Patienten hemmen oder Druck bzw. Scherkräfte ausüben. 

Wichtig
  • Der Zeitpunkt der Einschätzung wird von der Expertenarbeitsgruppe »unmittelbar zu Beginn des pflegerischen Auftrags« festgelegt, also im Erstgespräch. 

  • Das bedeutet, dass in der Informationssammlung der Pflegeanamnese das Dekubitusrisiko erhoben werden muss, wenn ein Risiko nicht ausgeschlossen werden kann, was wahrscheinlich bei den wenigsten Patienten oder Bewohnern der Fall ist. Die Pflegeanamnese muss deshalb ein Risikoassessment beinhalten. 

  • Im Strukturmodell der entbürokratisierten Pflegeplanung wird in der Risikomatrix der SIS ein vorhandenes Dekubitusrisiko mit einem Kreuz markiert und anschließend festgelegt, ob ein differenziertes Assessment notwendig ist. 

  • Außerdem hat die Arbeitsgruppe beschlossen, dass das Risiko danach in »individuell festzulegenden Abständen« kontrolliert werden muss. In der Praxis zeigen sich bei der Umsetzung dieser Anforderung allerdings Probleme. 

  • In fast allen Pflegeeinrichtungen wird für alle Betroffenen ein allgemeines Intervall festgelegt, nach dem eine Wiederholung der Einschätzung erfolgt. Dadurch wird eine Einschätzung des Risikos bei plötzlich auftretenden Veränderungen des Gesundheitszustands erschwert. 

  • Legt man individuelle Abstände fest, besteht die Gefahr, dass die Wiederholung vergessen wird. Einige Einrichtungen orientieren sich deshalb beispielsweise an der Pflegestufe oder an dem ermittelten Risikowert. Von Seiten der Einrichtung müssen genaue Vorgaben existieren, die den Mitarbeitern die Bestimmung der Evaluationsintervalle erleichtern. Dabei ist ebenfalls zu berücksichtigen, welches Patientenklientel betreut wird. 

  • Vorschläge zu möglichen Einschätzungsintervallen beinhaltet die folgende Tabelle In der Tabelle werden mögliche Einschätzungsintervalle dargestellt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Pflegezustand eines Patienten oder Betroffenen sich akut verändern kann und dann eine sofortige Einschätzung erfolgen muss. Auslösende Faktoren hierfür sind zahlreich.

Beispiele für akute Veränderungen
  • Sturz mit nachfolgender Immobilität

  • Plötzlich auftretende Erkrankung z. B.: Apoplex, Herzinfekt, Stoffwechselentgleisung

  • Operation 

  • Plötzlich auftretende Bewusstseinseinschränkung 

  • Infektion, Fieber 

  • Dehydration 

  • Veränderungen der Nahrungsaufnahme

Beim Auftreten entsprechender Faktoren oder bei beobachteten Veränderungen der Haut in Form von Hautrötungen muss eine sofortige Einschätzung erfolgen und anschließend das individuelle Wiederholungsintervall neu bestimmt werden.

 
Pflegesektor: Mögliche Intervallevorschläge
  • KrankenhausIntensivstation 1× pro Schicht 

  • KrankenhausNormalstation 1× pro Tag bis 1× pro Woche, je nach Fachdisziplin 

  • Pflegeheim 1× pro Monat bis alle 8 Wochen, je nach Pflegezustand

  • Ambulanter Pflegedienst 1× pro Monat bis alle 3 Monate, je nach Pflegezustand Pflegezustand 

  • Hospiz 1× pro Woche, je nach Pflegezustand Rehabilitationsklinik Alle 2 Wochen, je nach Pflegezustand

  • Tagespflege, Nachtpflege 1 x pro Quartal, je nach Pflegezustand

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