Expertenstandard - Was ist das überhaupt?
Expertenstandards haben sich in den letzten Jahren fest in der Pflege etabliert, wobei der Nutzen in den Pflegeeinrichtungen sehr unterschiedlich bewertet wird. Ursache hierfür sind vor allem Probleme bei der Implementierung in den Alltag. Um die Bedeutung von Expertenstandards zu ermessen, ist es sinnvoll, sich zunächst mit der Entstehung der Expertenstandards und deren juristischer Bedeutung zu beschäftigen. Dadurch werden Vorund Nachteile erkennbar, die durch die Veröffentlichung der Expertenstandards entstanden sind. Die Aufgaben des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege DNQP als Gremium, das bisher Expertenstandards entwickelt und veröffentlicht hat, werden ebenfalls erläutert, da alle bisher veröffentlichten Standards nach einem einheitlichen Prinzip erarbeitet wurden und deshalb auch eine einheitliche Struktur aufweisen. Die Kenntnisse dieser Strukturen erleichtert die Umsetzung in die Praxis.
Die Erarbeitung der Expertenstandards unter Berücksichtigung des Pflegeweiterentwicklungsgesetzes ist ein weiterer wichtiger Faktor. Das Bundesministerium für Gesundheit BMG hatte im Rahmen der Pflegereform 2008 durch das »Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung« einschneidende Veränderungen in diesem Bereich vorgenommen, so dass sich für die weitere Erstellung von Expertenstandards deutliche Veränderungen ergeben. Im Januar 2015 wurde der erste Expertenstandard nach der neuen Vorgehensweise veröffentlicht, der sich mit der Mobilitätsförderung beschäftigt. In dieser Lektion werden die allgemeinen Vorgaben und Zielsetzungen der Expertenstandards beschrieben. Gleichzeitig sollen grundlegende Vorgehensweisen bei der Implementierung in Form einer »Gebrauchsanweisung« für diese Lektion erklärt werden.
Bedeutung von Expertenstandards
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Den meisten Mitarbeitern ist die Wichtigkeit der Expertenstandards bewusst, dennoch fehlt es gelegentlich an der Bereitschaft, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Ursache für diese Diskrepanz ist die zentrale Frage, warum man sich überhaupt an den Expertenstandards orientieren muss. Um dies zu erläutern, wird zunächst die Entstehung der Expertenstandards beschrieben.
Entstehung
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Jedes Jahr treffen sich Vertreter der Ministerien und Senatoren für Gesundheit mit Vertretern des Bundes in der Gesundheitsministerkonferenz GMK, um gesundheitspolitische Themen zu besprechen und die weitere fachliche und politische Entwicklung festzulegen.
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Im Jahre 1999 wurde von der 72. GMK der Länder in Trier eine große Qualitätsoffensive beschlossen.
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Unter Berücksichtigung der gesundheitspolitischen Entwicklung in Europa wurde festgelegt, dass eine einheitliche Qualitätsstrategie entstehen soll, die dazu beiträgt, folgende Ziele zu erreichen:
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Einführung von Qualitätsmanagement ab dem 1.1.2005
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Konsequente Patientenorientierung
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Entwicklung einer integrierten, bürgernahen europäischen Gesundheitspolitik
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Sicherung bzw. Verbesserung der Qualität von Gesundheitsdienstleistungen und Erhöhung der Transparenz zum Nutzen der Bürgerinnen und Bürger, insbesondere durch Strukturvergleiche und Erfahrungs- und Informationsaustausch
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Ärztliche Leitlinien und Pflegestandards zur Qualitätsentwicklung
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Sektorenübergreifende Qualitätssicherung
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Weitere Anreize zur kontinuierlichen Qualitätsverbesserung
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Die Gesundheitsministerkonferenz hat somit durch ihr Entschließungspapier zur »Gewährleistung einer systematischen Weiterentwicklung der Qualität im Gesundheitswesen« die Grundlagen für die Entwicklung von Expertenstandards beschlossen.
Um diese Vorgaben umzusetzen, wurde 1999 das Deutsche Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege DNQP in Kooperation mit dem Deutschen Pflegerat DPR und mit finanzieller Förderung des Bundesministeriums für Gesundheit BMG als Pilotprojekt gegründet.
Das DNQP ist ein bundesweiter Zusammenschluss von Pflegefachleuten, die sich auf Praxis- und Wissenschaftsebene mit dem Thema Qualitätsentwicklung auseinandersetzen.
Diesem Gremium aus Fachkollegen der Pflege wurde die Entwicklung, Konsentierung und Veröffentlichung von evidenzbasierten Expertenstandards übertragen.
Für die Durchführung wissenschaftlicher Projekte und Veröffentlichungen steht außerdem ein wissenschaftliches Team an der Fachhochschule Osnabrück zur Verfügung.
Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP)
Das Deutsche Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege DNQP hat bisher folgende Expertenstandards erarbeitet, veröffentlicht und aktualisiert:
Veröffentlichte Expertenstandards
1. Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege (2. Aktualisierung 2017)
2. Expertenstandard Entlassungsmanagement in der Pflege (2. Aktualisierung 2019)
3. Expertenstandard Schmerzmanagement in der Pflege (Neu) (akut und chronisch
zusammengeführt, 2020)
4. Expertenstandard Sturzprophylaxe in der Pflege (1. Aktualisierung 2013)
5. Expertenstandard Förderung der Harnkontinenz in der Pflege (1. Aktualisierung 2014)
6. Expertenstandard Pflege von Menschen mit chronischen Wunden (1. Aktualisierung 2015)
7. Expertenstandard Ernährungsmanagement zur Sicherstellung und Förderung der oralen Ernährung in der Pflege (1. Aktualisierung 2017)
8. Expertenstandard nach § 113a SGB XI Erhaltung und Förderung der Mobilität in der
Pflege (Abschlussbericht Juni 2014)
9. Expertenstandard Beziehungsgestaltung in der Pflege von Menschen mit Demenz (Neu, 2019)
10. Förderung der Mundgesundheit in der Pflege (Neu, 2021)
(11. Expertenstandard Förderung der physiologischen Geburt (2014), Verbund
Hebammenforschung)
Von und für Hebammen bzw. Entbindungspfleger wurden außerdem im Rahmen eines an der Hochschule Osnabrück angesiedelten Forschungsschwerpunktes »Versorgung während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett – Instrumente zur sektorenübergreifenden Qualitätsentwicklung – IsQua« der Expertenstandard »Physiologische Geburt« erstellt. Die zentralen Funktionen der Expertenstandards in der Pflege wurden vom DNQP formuliert.
Ziele von Expertenstandards
Übergreifendes Ziel ist die Förderung der Pflegequalität
Darstellung eines professionell abgestimmten Leistungsniveaus
Kriterien zur Erfolgskontrolle sind eingeschlossen
Aktiver Theorie-Praxis-Transfer
Beitrag zur Professionalisierung