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Geschützt: PDL-Ausbildung: Modul A – Management Kompetenz – PERSONAL

A1.3 Führungsverantwortung Teil 1 – Allgemeines und Delegation

Lernziele: Nach dieser Lektion...

… wirst du über den Begriff Verantwortung und Führungsverantwortung Bescheid wissen.

… lernst du die rechtlichem Konsequenzen aus deinem Handeln und bei einer Delegationen kennen.

… kennst du die Bedeutung einer Remonstration.

… kennst du die Verantwortungsbereiche Verordnungsverantwortung, Anordnungsverantwortung, Durchführungsverantwortung.

Inhaltsverzeichnis dieser Selbstlernlektion

Verantwortung
Was ist Verantwortung?

Verantwortung stellt das menschliche Handeln in abhängige Zusammenhänge. Diese sind z. B. temporaler, sozialer oder religiöser Natur. Innerhalb eines Verantwortungsbereiches folgen aus dem Handeln Konsequenzen in Gestalt von Erfolg, Misserfolg, Schande, Verdienst oder Schuld.

 

Für die Pflegedienstleitung, Heimleitung oder andere bedeutet dies auch, dass sie gegenüber dem Träger, vor der Rechtsprechung oder einer noch höheren Instanz Verantwortung übernehmen.

Pflichten einer Führungskraft

Bei den Führungsaufgaben stehen insbesondere die drei Pflichten des/der Vorgesetzten im Mittelpunkt: 

  • Sorge für die Auswahl eines/einer genügend qualifizierten Mitarbeitenden.

  • Sorge für ausreichende Informationen und Anweisung.

  • Sorge für die Kontrolle des Vollzugs. 

Angelehnt an die Pflichten der Führungskraft erstreckt sich die Führungsverantwortung der Vorgesetzten (z. B. anordnender Arzt, Stationsleitung, Pflegedienstleitung) nach heutiger Rechtsprechung im Gesundheitswesen auf:

  • Personalauswahl

  • Delegation im Sinne der Übertragung von Zielen, Aufgaben und Kompetenzen

  • Einweisung und Schulung (auf der Grundlage gesetzlicher Vorschriften)

  • stichprobenartige Überprüfung 

  • Eingreifen in Krisensituation 

Vernachlässigung von Pflichten und deren Folgen

Die Vernachlässigung einer oder gar aller Führungspflichten führt in Organisationen unweigerlich zu Konflikten. Konflikte können entstehen, wenn….

 

  • der/die ausgewählte Mitarbeitende nicht geeignet war für ein Projekt 

  • zu wenig oder gar keine Instruktionen erteilt und eingeübt wurden 

  • und/oder sich Fehler eingeschlichen haben, die mangels Kontrolle zu spät bemerkt wurden.

Dann liegt die Verantwortung bei der/dem Vorgesetzten.

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Die „Leitung des Hauses” hat die Pflicht, den gesamten Betrieb so zu organisieren und zu führen, dass Rechtsverstöße nicht auftreten.

Wird diese Organisationspflicht verletzt, so haftet die zuständige Geschäftsleitung neben dem/der jeweiligen Mitarbeitenden, der den Schaden unmittelbar verursacht hat (Organisationsverschulden). Das folgende Schaubild erläutert den Ablauf:

Bei der Erarbeitung einer (rechtssicheren) Betriebsorganisation kommt es vor allem auf die Delegation von Verantwortung an die Mitarbeitenden, die ordnungsgemäße und vollständige Dokumentation aller organisatorischen Maßnahmen sowie die Anzeige von Mängeln an.

 

Bei Nichterfüllung besteht Haftungsrisiko aufgrund Organisationsverschuldens neben der Haftung der Führungskraft und  Ausführenden. Schauen wir uns die möglichen Haftungsrisiken an.

Die Haftungsrisiken

Welche Haftungsrisiken tragt man ggf. als Führungskraft? Diese könnten sein:

  • Regressforderungen von Geschädigten (Schadensersatz, Schmerzensgeld usw.)

  • Strafverfahren bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Schädigung, eingeleitet durch die Staatsanwaltschaft (Bußgeld, Freiheitsentzug)

Ein Strafverfahren setzt eine Straftat voraus. Wann liegt eine Straftat vor?

 

Eine Straftat begeht, wer die negativen Folgen seiner Entscheidungen, die unter Strafe stehen,

  • gezielt erreichen will,

  • kennt und in Kauf nimmt oder

  • durch fahrlässiges Handeln verursacht.

Besonders der letzte Punkt sollte beachtet werden. Neben Strafe (Strafrecht) kann aber auch Schadensersatz (Zivilrecht) drohen.

Verantwortlichkeiten und Schadensersatz

Werfen wir noch einen Blick auf die gesetzlichen Grundlagen des Schadensersatzes:

 

§ 276 BGB Verantwortlichkeit des Schuldners

(2) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.

 

§ 823 BGB Schadensersatzpflicht

Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

 

Schadensersatzansprüche aus Vertragsleistung und aus unerlaubter Handlung (wie z. B. Sorgfaltspflichtverletzung) stehen nebeneinander. Ist der Vorfall identisch, kann nur einmal Schadensersatz gefordert werden.

 

Die Verjährungsfrist beträgt:

  • für Schadensersatz aus Vertragsleistung (3 Jahre)

  • für Schadensersatz aus unerlaubter Handlung (30 Jahre)

Hauptsächlich ist eine Führungskraft von einer Verletzung der Sorgfaltspflicht betroffen. Was ist das genau?

Die Verletzung der Sorgfaltspflicht

Eine Straftat laut Strafgesetzbuch (StGB) kann schon vorliegen, wenn Sie Ihre Sorgfaltspflichten

  • vernachlässigen und dadurch andere geschädigt werden,

  • was vorhersehbar und vermeidbar gewesen wäre.

 

Eine typische Verletzung der Sorgfaltspflicht im Pflegedienst ist z. B. die falsche Lagerung (Dekubitus), Verletzung von Nerven bei einer Injektion oder das Vertauschen von Medikamenten.

 

Üblicherweise werden von der Pflegedienstleitung Aufgaben an die Mitarbeiter delegiert. Es kommt auch regelmäßig zu einer Weiterdelegation ärztlicher Aufgaben über die Pflegedienstleitung an die Pflegekräfte (oder eben direkt vom verordnenden Arzt an die ausführende Pflegekraft).

Die Delegation und Verantwortung

Seit 1974 besteht in der arztrechtlichen Literatur Einigkeit darüber, dass die Delegation rechtlich zulässig ist, wenn

 

  • der Patient mit der Behandlungsmaßnahme und der Durchführung durch Pflegekräfte einverstanden ist,

  • die Maßnahme vom Arzt verordnet wurde,

  • die Art des Eingriffs das persönliche Handeln des Arztes nicht erforderlich macht,

  • die ausführende Pflegekraft zur Durchführung der Maßnahme befähigt ist oder

  • die Pflegekraft zur Ausführung der ärztlichen Aufgabe bereit ist.

Soweit Pflegekräfte befähigt, bereit oder ausnahmsweise verpflichtet sind, ärztliche Aufgaben zu übernehmen, und die jeweilige Einrichtung die Durchführung auf das Pflegepersonal überträgt, stellt sich die Frage, wer die Verantwortung für die Verordnungen und die Durchführung der ärztlichen Behandlung trägt.

 

Nach § 613 BGB können an Pflegekräfte nur solche Maßnahmen delegiert werden, die ihr billigerweise zugemutet werden können. Hierzu gehören üblicherweise Injektionen, Sondierungen, Katheterisierung und Infusionen.

Während in der deutschen Tradition von Medizin und Pflege lange die Vorstellung herrschte, die ärztliche Verantwortung sei unteilbar, hat sich in der modernen Organisationsgestaltung (auf der Grundlage umfangreicher Rechtsprechung) im ärztlichen und nichtärztlichen Bereich von Gesundheits- und Sozialeinrichtungen die Delegation von Verantwortung durchgesetzt. So hat bereits das Reichsgericht mit Urteil vom 06.06.1932 die Delegation ärztlicher Tätigkeiten auf nichtärztliches Personal dem Grunde nach für rechtlich zulässig erklärt.

An die Anordnung sind noch weitere Voraussetzungen geknüpft:

  • Sie muss klar verständlich sein (d. h. bei Zweifeln, was nun gemeint ist, muss zwingend Rücksprache gehalten werden).

  • Hat die Pflegekraft Bedenken, so muss dies schriftlich festgehalten werden (Remonstration).

  • Der Arzt bzw. die Ärztin muss sich vorher von der Qualifikation der Pflegekraft überzeugt haben.

Remonstration und Verantwortung

Definition: Eine Remonstration ist das Recht und die Pflicht, eine wahrscheinlich gefährliche Versorgung schriftlich nachzuweisen.

 

Rechtlich gesehen ist eine Pflegekraft verpflichtet, eine an sie delegierte bzw. angeordnete Maßnahme zu verweigern, wenn sie nicht ausreichend qualifiziert ist oder die Versorgungsqualität für nicht gewährleistet hält.

Die Überlastungsanzeige als Form der Remonstration

Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) fordert besondere Unterstützungspflichten des Beschäftigten, die eng mit der Überlastungsanzeige zusammenhängen.

 

§ 16 ArbSchG: Besondere Unterstützungspflichten

  • Die Beschäftigten haben dem Arbeitgeber oder dem zuständigen Vorgesetzten jede von ihnen festgestellte unmittelbare erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit sowie jeden an den Schutzsystemen festgestellten Defekt unverzüglich zu melden.

  • Die Beschäftigten haben gemeinsam mit dem Betriebsarzt und der Fachkraft für Arbeitssicherheit den Arbeitgeber darin zu unterstützen, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten und seine Pflichten entsprechend den behördlichen Auflagen zu erfüllen. Unbeschadet ihrer Pflicht nach Absatz 1 sollen die Beschäftigten von ihnen festgestellte Gefahren für Sicherheit und Gesundheit und Mängel an den Schutzsystemen auch der Fachkraft für Arbeitssicherheit, dem Betriebsarzt oder dem Sicherheitsbeauftragten nach § 22 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch mitteilen.

Tipp:

Recherchiere im Internet dazu den Begriff der „Überlastungsanzeige“, um einen formalen Aufbau einer solchen Anzeige zu verstehen (z.B. Überlastungsanzeige Pflege Beispiel googlen)

 

Die Folgen einer Überlastungssituation in der Pflege können Fehler oder Mängel in der Tätigkeit sein. Dies spiegelt sich im schlimmsten Fall in einem Pflegefehler, aber auch in Wartezeiten oder Beschwerden von Patienten und Angehörigen wieder.

 

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Verschiedene Verantwortungsbereiche

Rechtlich gesehen existieren mehrere Verantwortungsbereiche nebeneinander. Zu unterscheiden ist hier zwischen der sogenannten Verordnungs- (bei Heimbewohnern), Anordnungs- (im Krankenhaus) und Durchführungsverantwortung (= Handlungsverantwortung).

 

Die Durchführungsverantwortung stellt ein Übernahmeverschulden dar. Die Anordnungsverantwortung (und die damit verbundene Haftung) betrifft also z.B. die Pflegedienstleitung, die eine vom Arzt angeordnete Maßnahme auf eine Pflegekraft überträgt, wie den verordnenden Arzt.

 

Der Arzt/die Ärztin geht in seiner/ihrer Anordnung davon aus, dass die Ausführung durch eine qualifizierte Pflegekraft erfolgt. Das bedeutet:

 

Sämtliche Mitarbeiter tragen für die von ihnen vorzunehmenden Handlungen und Entscheidungen die Handlungs- und Durchführungsverantwortung.

Daraus folgt, dass die Pflegekraft die Handlungsverantwortung für die korrekte Durchführung einer Pflegemaßnahme trägt.

Zusammenfassung
Was Du Dir merken solltest
  • Führung und Verantwortung fallen üblicherweise zusammen. Letztlich übernimmt die Führungskraft (Leitung) die Verantwortung für das Handeln oder Nicht-Handeln der Mitarbeitenden. Daneben gibt es aber auch Arbeitsaufträge, für die zwar die Verantwortung übernommen werden soll, aber nicht die notwendige Kompetenz vorhanden ist. Sie sind gewöhnlich zum Scheitern verurteilt. Vielen Führungskräften fällt es schwer, Verantwortung abzugeben.

 

  • Mängel in der Organisation führen zu Schäden. Bei schuldhaftem Verfahren der Führungskraft führen diese Schäden zur Strafe (Freiheitsstrafe oder Bußgeld) und/oder Schadensersatz (Zivilklage)

 

  • Delegationen müssen klar verständlich sein und Personen mit entsprechender, ausreichender Qualifikation übertragen werden. Sonst gilt eine Verletzung der Sorgfaltspflicht.

  • Eine Remonstration muss zeitnah (unverzüglich) erfolgen, um sich selber zu schützen.

 

  • Je höher die Qualifikation der durchführend Pflegekraft, umso höher ist die Verantwortung.

Alles verstanden?

Zuletzt erwarten Dich nur noch ein paar abschließende Fragen, welche entweder eine oder mehrere richtige Antworten beinhalten können. Du kannst Dir dabei so viel Zeit lassen, wie Du möchtest. Im Notfall können die Fragen auch wiederholt werden. Viel Erfolg!

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