Wenden wir uns jetzt also einer weiteren wichtigen Führungsaufgabe zu, der Einarbeitung von Mitarbeitern. Die Tendenz geht heute allerdings dahin, dass Mitarbeiter aus Zeitmangel und aus Kostengründen nicht mehr richtig eingearbeitet werden. Diese Sichtweise ist eher kurzsichtig, da die Einarbeitung nützlich ist und im Interesse des Betriebes steht.
Ihre Aufgabe als Führungskraft ist es, für eine Einarbeitung der neuen Mitarbeiter zu sorgen.
Am Ende dieses Kapitels sollten Sie informiert sein über:
die Personalauswahl und ihre Methoden
das Einstellungsgespräch
wichtige Tipps und Hinweise
die Einarbeitung und das Einarbeitungskonzept
die Ziele und Grundsätze der Einarbeitung
die Aufgabe des Mentors
Was ist Einarbeitung?
Unter Einarbeitung wird ein längerer Prozess verstanden, der einen neuen Mitarbeiter entsprechend seiner bereits abgeschlossenen Ausbildung und seiner Position in die Lage versetzt, in (möglichst) kurzer Zeit sicher und fachlich richtig seine neuen Aufgaben zu erfüllen, sich in das Arbeitsteam einzuordnen, um bald selbstständig und eigenverantwortlich arbeiten zu können.
Eine Einarbeitung sollte
nach Plan,
sinnvoll und
mit System erfolgen.
Die Phasen der Einarbeitung
Die Einarbeitung findet in vier Phasen statt:
Phase 1: Eingewöhnungsphase (1–4 Wochen)
Phase 3: Qualifikationsphase (1–2 Monate)
Phase 2: Beweisphase (1–2 Monate)
Phase 4: Reifephase (1 Monat)
WichtigDie Phasen der Einarbeitung sollten mit der Probezeit zusammenfallen, damit bei Problemen eine Trennung vom Mitarbeiter einfach möglich ist. Idealerweise findet eine Einarbeitung statt, die sich an den Zielen des Unternehmens orientiert. Hilfreich ist hierfür ein Einarbeitungskonzept.
Die Ziele der Einarbeitung
Grundsätzlich gilt:
Die Einarbeitung der Mitarbeiter sollte weder aus Zeitmangel wegfallen noch plan- und ziellos (improvisiert) durchgeführt werden. Daher ist ein Konzept zu entwickeln, welches folgende Ziele verfolgt:
Zufriedenheit des neuen Mitarbeiters, der Führungskraft und Kollegen sowie aller Kunden
Die optimale Aufgabenerfüllung und Leistungserbringung:
Integration des neuen Mitarbeiters in ein vorhandenes Team
Vermeidung von Frust beim neuen Mitarbeiter
Ressourcen und Kompetenzen des neuen Mitarbeiters erkennen, einbinden und fördern
Wichtig: schnelle Entfaltung des Leistungspotenzials
Sicherung der Qualität durch einheitliche Arbeitsmethoden und Standards
schnelle Orientierung des neuen Mitarbeiters
schnelle Mitarbeiterbindung und Verhinderung von Fluktuation
schnelles Erkennen einer Fehlbesetzung und Reaktion darauf
Übungsaufgabe
Prüfen Sie einmal, ob es in Ihrer Einrichtung ein Einarbeitungskonzept gibt? Entspricht es den obigen Zielsetzungen?
Ein Einarbeitungskonzept kann innerhalb des Unternehmens, beispielsweise im Rahmen der Zertifizierung entwickelt werden. Es sollte dann für alle Mitarbeiter gelten und für alle Führungskräfte verbindlich sein. Daneben gibt es in vielen Unternehmen im Rahmen der Führungsaufgaben und auf der Basis des Leitbildes sogenannte Grundsätze der Einarbeitung. Beispielhaft werden nun einige Grundsätze vorgestellt.
Die Grundsätze der Einarbeitung
Die Grundsätze der Einarbeitung lauten:
1. Die Einarbeitung beginnt am ersten Tag. Im Rahmen des Einstellungsgesprächs wird mit dem neuen Mitarbeiter der Termin für den 1. Tag festgelegt.
2. Die Einarbeitung ist Sache der Führungskraft und kann nicht delegiert werden.
Der neue Mitarbeiter wird am ersten Tag von seinem Vorgesetzten (z. B. der Pflegedienstleitung) begrüßt und zu seinem Einsatzort gebracht. Am Arbeitsplatz sind:
Arbeitsmittel, Materialien zur Einarbeitung und Namensschild, Berufskleidung o.ä. vorbereitet,
die Kollegen informiert. Es erfolgt die Vorstellung/Begrüßung mit den anderen Mitarbeitern, ggf. erwartet den Mitarbeiter ein Blumenstrauß.
Die Einarbeitung beginnt mit dem Mentoring, welches die Einweisung in die Arbeitsaufgaben und in den Arbeitsplatz vornimmt. Als Pate wird ein Mitarbeiter benannt, der mit dem neuen Mitarbeiter gleichgestellt (auf einer Hierachiestufe) ist.
Das Mentoring ist vorbereitet:
Ein Mentor/ Pate wurde vorher ausgesucht, informiert und eingeplant.
Der Mentor/ Pate übernimmt die Einarbeitung und Einführung.
Der Mentor/ Pate ist fachlich und zeitlich in der Lage, eine qualifizierte Einarbeitung durchzuführen.
Es sind Reflexionsgespräche vorbereitet:
Sie finden in regelmäßigen Abständen statt, das letzte Reflexionsgespräch kurz vor Ende der Probezeit
Übungsaufgabe
Welche Informationen müssten einer neuen Pflegekraft an ihrem 1. Arbeitstag gegeben werden? Legen Sie eine detaillierte Liste an.
WichtigWährend der ersten Wochen sollte der neue Mitarbeiter schrittweise in die Arbeitsorganisation eingegliedert werden.
Die Anforderungen an einen Paten/ Mentor
Üblicherweise übernimmt die Einarbeitung nicht die Führungskraft selbst, sondern ein vorher ausgesuchter, fähiger Pate/Mentor, der freiwillig und bereitwillig diese zusätzliche Aufgabe durchführt.
Der Mentor ist eine qualifizierte Person, die in der Lage ist, einen neuen Mitarbeiter einzuarbeiten. Dieser Prozess dauert i. d. R. bis zum Ende der Probezeit.
Folgende Fähigkeiten sollte ein zukünftiger Mentor mitbringen:
berufliche Erfahrung
Qualifikation
pädagogisch-didaktische Fähigkeiten
Kommunikationsfähigkeit
Der Mentor/Pate kann die Einarbeitung mit Hilfe eines einfachen Schemas vornehmen, welches sich nach den fünf W ́s richtet:
Was soll vermittelt werden (Inhalte, Abläufe, Vorgehensweisen)?
Wie soll vermittelt werden (Vormachen, Mitmachen, Üben lassen usw.)?
Womit soll vermittelt werden? (Brauche ich Hilfsmittel?)
Warum soll vermittelt werden? (fehlende Informationen, falsche Informationen usw.)
Wohin soll das Ganze führen?
Ziel der Einarbeitung ist, dass aus einem neuen Mitarbeiter ein eingearbeiteter Mitarbeiter wird.
Manche Einarbeitungskonzepte gehen wesentlich weiter. So werden in spezialisierten Abteilungen und Bereichen des Krankenhauses (z. B. Intensivstation, Radiologie) Konzepte umgesetzt, die wesentlich länger dauern. Sie machen aus Anfängern Experten.
Beispiele
Der Themenplan des Paten/Mentors
Organisatorische Einarbeitung – Folgende Themenschwerpunkte sollten im Mittelpunkt der Einarbeitung durch den Mentor stehen:
Pausenregelung
Dienstzeiten
Dienstplan
Dienstübergabe
Pflege- und Terminplanungssystem
Interne Veranstaltungen
Umgang mit dem Dienstwagen
Übersicht über die Einrichtung
Einführung in die Arbeit mit dem Qualitätsstandard
Vorstellung des Pflegeleitbildes
Erläuterung des Pflegesystems
Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen
Haftung
Verhalten am Telefon
Danach folgen die gesetzlich vorgeschriebenen Erstschulungen/ Belehrungen über:
Arbeitsschutz
Unfallverhütung
Datenschutz
Hygiene
Schweigepflicht u. a.
WichtigGesetzlich vorgeschriebene Schulungen dürfen nicht herausgezögert oder vergessen werden. Sprechen Sie sich mit den betreffenden Beauftragten in Ihrem Unternehmen ab.
Die fachliche Einarbeitung
Gleichzeitig ist die fachliche Einarbeitung bezogen auf die Anforderungen des Arbeitsplatzes voranzutreiben, wobei der Mentor/Pate regelmäßig Feedback an den neuen Mitarbeiter und die Personalverantwortlichen/Führungskraft gibt. Alle gesammelten Erfahrungen und Informationen fließen dann in die eingeplanten Gespräche (s. o.) ein.
Wichtig
Trotz des Einsatzes eines Paten/Mentors gehört es zu den Aufgaben der Führungskraft, zumindest ein Gespräch vor Ende der Probezeit mit dem neuen Mitarbeiter zu führen. Und loben Sie den Einsatz des Paten.
Das Einarbeitungskonzept und der Themenplan können nicht verhindern, dass der Einsatz eines Paten/Mentors eventuell zu Problemen im Team führt.
Sehen wir uns mögliche Problemfelder an:
Es fehlen Standards, die eine Einarbeitung erleichtern könnten.
Kollegen informieren den neuen Mitarbeiter anders als der Mentor und der neue Mitarbeiter ist irritiert.
Das Einarbeitungskonzept und/oder der Pate/Mentor wird in seiner Rolle infrage gestellt und der neue Mitarbeiter ist verwirrt.
Ein zu großer Altersunterschied zwischen Pate/Mentor und dem neuem Mitarbeiter führt zu Problemen.
Der direkte Kontakt zum Vorgesetzten ist durch den Paten/Mentor gestört.
Als Führungskraft sind Sie aufgerufen, durch Organisation, Kommunikation, Konfliktfähigkeit und Moderation diese möglichen Schwierigkeiten zu verhindern.
Im positiven Fall ist Ihre Wahl im Personalbeschaffungsprozess auf den richtigen Kandidaten gefallen, und am Ende der Einarbeitung verfügen Sie über einen Mitarbeiter, der in der Lage ist, selbstständig die in seiner Stellenbeschreibung verfügten Anforderungen zu erfüllen.