… wirst du wissen, was Dehydration bedeutet und warum sie schnell gefährlich werden kann.
… wirst du verstehen, warum und wie eine Dehydration zu vermeiden ist.
… kennst du die Wege zur angemessenen Dehydratationsprophylaxe.
Allgemeines
Unter einer Dehydrationsprophylaxe versteht man alle medizinischen und pflegerischen Maßnahmen, die zur Vermeidung eines Flüssigkeitsdefizits (Dehydration) dienen.
Der menschliche Körper besteht zu 50 bis 60 Prozent aus Wasser. Mit zunehmendem Lebensalter reduziert sich die Gesamtmenge des Körperwassers.
Der menschliche Organismus benötigt pro Tag etwa 2,0 bis 2,5 Liter Wasser
Durch Miktion (Wasserlassen), Defäkation (Stuhlentleerung), Emesis (Erbrechen), Transpiration (Schweiß) und Respiration (Atmung) verliert ein Mensch jeden Tag eine beträchtliche Wassermenge, die durch Flüssigkeitsaufnahme kompensiert werden muss.
Werden die dem Körper entzogene Flüssigkeit und das Natrium nicht ersetzt, kommt es zu einer sog. “Dehydratation”. Bei einem reinen Wasserdefizit ohne Verlust von Natriumionen liegt eine sog. “Exsikkose” vor → alle Maßnahmen zählen aber sowohl für die Exsikkose – als auf für die Dehydratationsprophylaxe.
Betagte, Menschen mit einer Trinkmengenbegrenzung durch Herzinsuffizienz und Menschen die eine Diuretikatherapie (“Wassertablette”) bekommen sind besonders gefährdet.
Diese Prophylaxe findet keine Anwendung im Sterbeprozess. Hier würde die Kompensation einer etwaigen Dehydratation die Endphase künstlich in die Länge ziehen!
Grundsätze
Der individuelle Flüssigkeitsbedarf eines Menschen kann erheblich vom mittleren Maß abweichen. Folglich kann eine Dehydratation auch dann auftreten, wenn eine im Normalfall ausreichende Flüssigkeitsmenge zugeführt wurde.
Bei jeder im Hochsommer unerwartet auftretenden Desorientierung muss immer an einen Flüssigkeitsmangel gedacht werden.
Bei einer mutmaßlichen Dehydratation gilt im Zweifelsfall immer, dass Flüssigkeit verabreicht wird. Dadurch kann man in der Regel nicht viel falsch machen.
Ausreichendes Trinken lässt sich auch im hohen Alter noch lernen.
Ein ungesundes Getränk ist besser als gar kein Getränk. Jeder Mensch hat folglich das Recht, das Getränk zu sich zu nehmen, das ihm am besten schmeckt. Sofern keine zwingenden medizinischen Diagnosen dem entgegen stehen, kann jeder Bewohner in Maßen auch alkoholische Getränke wie etwa Bier, Wein, Alster / Radler usw. zu sich nehmen.
Kein Mensch darf gegen seinen Willen zwangsweise mit Flüssigkeit versorgt oder zum Trinken genötigt werden.
Alle Maßnahmen zur Dehydratationsprophylaxe werden sorgfältig dokumentiert.
Eine verminderte Flüssigkeitszufuhr ist kein geeignetes Mittel, um die Anzahl der Toilettengänge zu reduzieren, beratet dazu eure Kund*innen, denn diese Denkweise ist noch weit verbreitet.
Symptome einer Dehydration
Symptome treten i. d. R. gebündelt auf, im Zuge der Patientenbeobachtung sind die auftretenden Symptome also im Zusammenhang zu sehen. Dann ist eine Dehydratation vergleichsweise einfach zu erkennen:
Durst, der im weiteren Verlauf einer Dehydratation aber nachlassen kann
verringerte Speichelsekretion, verschwundener “Speichelsee” unter der Zunge
trockene Schleimhäute, insbesondere raue, borkige Zunge und trockene Lippen
verminderter Achselschweiß
verringerte Hautspannung (siehe Hinweis unten)
reduzierte Urinmenge, konzentrierter und dunkler Urin
ausbleibende Urinproduktion
Augenringe, also tief liegende und von ringförmigen Schatten umgebene Augen
Blutdruckabfall
plötzlicher Gewichtsverlust
Fieber
verminderte Venenfüllung; insbesondere kollabierte Halsvenen
Tachykardie (schneller Puls)
Kopfschmerzen
Müdigkeit und Kraftlosigkeit
Mundgeruch
Krämpfe
Antriebslosigkeit
Obstipation (Verstopfung)
Magenbeschwerden und Appetitlosigkeit
Schwindel und plötzlich auftretende Gangunsicherheit
Verwirrtheitszustände
Gedächtnisstörungen
Sprachstörungen
Bei einer Dehydratation werden drei Schweregrade unterschieden:
Im Anfangsstadium tritt eine mäßige Austrocknung der Schleimhäute auf. Der Achselschweiß ist vermindert. Die Urinmenge lässt nach. Der Urin ist konzentrierter und dunkler. Er hat ein erhöhtes spezifisches Gewicht.
Im weiteren Verlauf trocknen die Schleimhäute vollständig aus. Der Spannungszustand der Haut ist reduziert. Die Harnausscheidung kommt nahezu zum Erliegen. Die Herzfrequenz steigt deutlich. Der Blutdruck sinkt. Die Kund*in klagt über Schwäche und über Schwindel. Sie ist unkonzentriert. Die Sturzneigung steigt.
Bei einer schweren Dehydratation scheidet die Kund*in keinen Urin mehr aus. Der Puls ist schnell und fadenförmig. Der Blutdruck ist deutlich zu niedrig. Der Bewohner ist verwirrt ähnlich einer fortgeschrittenen Demenz.
Ursachen und erschwerende Faktoren
Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts mit Erbrechen und/ oder Diarrhö
Hitze/ Schwitzen & Fieber
Flüssigkeitsansammlungen in körpereigenen Hohlräumen, etwa bei Aszites
Nierenerkrankungen
mangelnden Durstgefühl
Eigenständige Reduktion der Flüssigkeitsaufnahme, um einen unfreiwilligen Urinabgang zu verhindern oder Toilettengänge zu reduzieren
Ileostoma (künstlicher Darmausgang).
Lähmungen (Hemiplegie oder Fazialisparese).
Schluckstörungen
Kraftverlust
Probleme der Feinmotorik/ Zittern der Hände
Fehlende Krankheitseinsicht.
Sehbehinderung (kann das Trinkgefäß nicht sehen)
Sprachstörung (kann Durst und Hilfebedarf nicht äußern)
Vergesslichkeit
Vergiftungsängste
Großflächige und nässende Wunden.
Stoffwechselstörung vor wie etwa ein unbehandelter Diabetes mellitus
Herzinsuffizienz ( Trinkmengenbeschränkung)
Bestimmte Medikamente wie Diuretika (entwässernde Arzneimittel) und Laxanzien (Abführmittel)
Fehlender Lebenswille
Angebotene Getränke schmecken nicht
Pflegerische Maßnahmen
Risiko erkennen, Trinkverhalten bei Aufnahmegespräch erfragen
Beratung der Kund*in/ der Angehörigen
Trinkplan erstellen
Beim Trinken Unterstützung leisten
Lieblingsgetränke erfragen
Getränke in ausreichenden Mengen und in Griffnähe hinstellen
Das bedeutet für euren Pflegealltag
Dehydratationsgefährdete Kund*innen werden bei jedem Einsatz zum Trinken angehalten.
Getränke werden verzehrfertig bereitgestellt
Angehörige werden einbezogen
Ggf. kann ein Trinkwecker genutzt werden, der im Intervall von 30 min erinnert
Seid ihr für Essen und Getränke zuständig, bietet Wassereis, Wassermelonen, Speiseeis, Quark und andere flüssigkeitsreiche Speisen an
Sehbehinderten Kund*innen wird die Position des Getränks gezeigt
Trinkhilfen nutzen und anbieten, oder dazu beraten (Strohhälme, geeignete Gefäße)
Ihr achten darauf, ob Kund*innen die angebotenen Getränke heimlich entsorgen (etwa in den Blumentopf oder in eine Vase)
bei Schluckstörungen ggf. andicken der Getränke
Ihr seid die Schnittstelle zum Arzt. Kommuniziert im Team und der Hausärzt*in, wenn ihr den Eindruck habt es entsteht eine Dehydration oder es liegen (neue) Schluckstörungen vor.
Ziele
Die Kund*in erhält ausreichend Flüssigkeit. Sie nimmt die individuell notwendige Wassermenge auf möglichst natürliche Art zu sich, also in Form von Getränken und von flüssigkeitshaltigen Speisen wie Obst, Götterspeise, Gemüse…
Die Kund*in ist in der Lage, sich möglichst eigenständig mit Flüssigkeit zu versorgen, du stellst also alles nötige griffbereit und öffnest die Flaschen, falls die Kundin das nicht mehr kann
Eine Dehydratation wird frühzeitig festgestellt und überwunden
Invasive Maßnahmen, wie etwa Infusionen, oder eine PEG-Sonde und damit ein Krankenhausaufenthalt werden vermieden
Die Ursachen für die Dehydratation werden ermittelt
Die Kund*in ist beraten (auch über Hilfsmittel wie Schnabelbecher oder Öffnungshilfen)
Viele Senior*innen sind in ihrer Kindheit mit dem Mythos aufgewachsen, dass sie während des Essens nicht trinken sollten, da dieses die Verdauung stören würde. Diese Fehleinschätzung wirkt häufig bis ins hohe Alter nach. Es ist eure Aufgabe, die Kund*innen darauf hinzuweisen, dass diese Empfehlung veraltet und wissenschaftlich widerlegt ist.
Wenn ihr eine Hautfalte bildet, bleibt diese nach dem Loslassen für einige Augenblicke stehen. Die Aussagekraft des sog. “Hautfaltentests” wird häufig allerdings überbewertet. Nicht bei jedem dehydrierten Menschen bleibt die Hautfalte stehen. Zudem bleibt die Hautfalte auch bei vielen Senioren stehen, die gut mit Flüssigkeit versorgt sind.
Ihr achtet auf Muskelkrämpfe, auf plötzlich einsetzende Schläfrigkeit, auf Verwirrtheit, auf Schwindel sowie auf einen stark erhöhten Puls. Wenn diese Symptome mutmaßlich auf eine Dehydratation zurückzuführen sind, liegt ein Notfall vor. Der Notarzt wird informiert.
Dehydratation gilt als ein zentraler Faktor bei der Entstehung von plötzlicher Desorientierung. Viele Verwirrtheitszustände könnten folglich einfach durch eine gesteigerte Trinkmenge gelindert werden