… verstehst du das Strukturmodell der strukturierten Informationssammlung, samt seiner historischen Hintergründe und seiner Grundprinzipien.
Entwicklung des Strukturmodells
Die Einführung des Strukturmodells in der Langzeitpflege ist eine der bisher größten bundes- politischen Aktionen zur Entbürokratisierung der Pflege. Der Umstieg auf eine schlanke Pflegedokumentation erfolgt auf Initiative der Pflegebevollmächtigten der Bundesregierung und ihres Amtsvorgängers, in enger Zusammenarbeit mit den Verbänden den Einrichtungs- und Kostenträger auf Bundes- und Landesebene sowie den Prüfinstanzen und den Ländern.
Auslöser:
Überbordendes Ausmaß an Pflegedokumentation
Uneinheitliche, verwirrende Strukturen
Unklare rechtliche Situation
Erhebung Statistischen Bundesamt (2013):
Pflegekräfte wenden rund 13 Prozent ihrer Arbeitszeit für die Pflegedokumentation auf!
Entstehende Kosten pro Jahr in Höhe von ca. 2,7 Milliarden Euro!
Historie der Entwicklung:
2012 – Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG)
2013/2014 – Praxistest in 5 Bundesländern
26 stationäre
31 ambulante Pflegeeinrichtungen
2014 – Beschluss bundesweiter Implementierung
01/2015 bis 10/2017 Projektbüro EinSTEP3, Berlin
Einbindung von:
Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS)
Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK)
2016 – Anpassung an Tages- und (solitäre) Kurzzeitpflege; Erprobung in 13 Bundesländern in zweiter Jahreshälfte
Ende Oktober 2017: Bundesweit über 10.550 Pflegeeinrichtungen (fast jede zweite Einrichtung)
Seit November 2017: Trägerverbände führen auf Bundesebene das Projekt in eigener Verantwortung fort
Historie des Strukturmodells
Die Entwicklungsgeschichte des Strukturmodells reicht bis in die 90er Jahre zurück. In einem Forschungsbericht wurde ein Modell für die professionelle Problem- und Maßnahmen- beschreibung in der Pflege entwickelt.
Zentrale Schritte waren die Erfassung von individuellen Gewohnheiten und Fähigkeiten des Pflegebedürftigen. Danach schloss sich der sog. professionelle Filter (synonym: professionelle Sichtweise) an. Damit werden aus Sicht der Pflegenden die vorliegenden Pflegeprobleme im Kontext der jeweiligen Rahmenbedingungen bewertet. Der ‚professionelle Filter‘ ist Ausdruck der pflegefachlichen Kompetenz, der im weiteren Verlauf des Pflegeprozesses bei der Maßnahmenplanung und der Evaluation sichtbar wird. Die Methode des Pflegeprozesses als Problemlösungs- und Entscheidungsinstrument, findet sich sowohl im Strukturmodell allgemein als auch speziell in der darin integrierten SIS wieder
Mit dem Strukturmodell verbundener Paradigmenwechsel:
„Reset“ der Pflegedokumentation als Ziel der Neuausrichtung
Aufhebung des Eindrucks, nur für Prüfinstanzen zu dokumentieren
Ende einer „angstgetriebenen“ Pflegedokumentation
Rationalität im Umgang mit der Risikoeinschätzung
Rückbesinnung auf die fachliche Kompetenz von Pflegefachkräften
Rückgewinnung des Stellenwertes der Pflegedokumentation für den beruflichen Alltag
Schnelle Orientierung, bessere Übersichtlichkeit und Zeitersparnis
Im Strukturmodell werden im Element 1 die bisher üblichen ersten drei Schritte des sechs- phasigen Pflegeprozesses (Anamnese mit Problemen, Ressourcen, Zielen6) zusammengefasst
Grundprinzipien des Strukturmodells:
Personzentrierter Ansatz
Stärkung der fachlichen Kompetenz der Pflegefachkräfte
Verständigungsprozess mit dem zu Pflegenden. Im Fokus stehen:
Selbstbestimmung
individuelle Wünsche und Bedürfnisse
Erfassung pflege- und betreuungsrelevanter biografischer Aspekte im Zusammenhang mit der fachlichen Einschätzung zur individuellen Situation der pflegebedürftigen Person
(Erst-)Einschätzung zu individuellen pflegerischen Risiken und Phänomenen
Beschränkung im Berichteblatt auf
Abweichungen
Dokumentation akuter Ereignisse
Beibehaltung der bisherigen Dokumentationsanforderungen für ärztlich angeordnete Behandlungspflege
Notwendige Dokumentationselemente im Pflegeprozess:
(🡪Elemente des Strukturmodells rot umrandet)
–> weitere grafische Darstellung im Flussdiagramm siehe auch das „Strukturmodell Pflegedoku- mentation“ (Anlage 1 der Informations- und Schulungsunterlagen)
Pflegemodell – Pflegetheorie
„Zusätzliche Akzente in der Ausgestaltung der Pflegedokumentation im Hinblick auf eine spezielle pflegetheoretische Fundierung oder eine religiöse oder weltanschauliche Trägerphilo- sophie ist durchaus möglich aber nicht zwingend erforderlich“9
–> Eine unbedingte Orientierung an einem Pflegemodell/Pflegetheorie (z. B. Krohwinkel, Orem) ist somit nicht zwingend notwendig.
Personzentrierter Ansatz im Strukturmodell
Eine regelrechte Definition gibt die Schulungsunterlage nicht vor:
„Gemäß diesem Ansatz werden die Wünsche und Bedürfnisse der pflegebedürftigen Person in den Mittelpunkt der Versorgung gestellt und unter Aspekten der Selbstbestimmung kontinuierlich in die Gestaltung der Pflege- und Betreuung (Pflegeprozess) mit einbezogen.“
Aushandlungs- und Verständigungsprozess
Begriff „Verständigung“ steht für:
einen respektvollen Umgang miteinander
die Verständigung darüber, auf der Grundlage individueller Wünsche und Gewohnheiten die tägliche Versorgung und Betreuung zu sichern und Vertrauen aufzubauen
Weitere Aussage zum personzentrierten Ansatz in MDS-Erläuterungen:
Partizipation der pflegebedürftigen Person durch aktive Ansprache
in Beziehung treten mit der pflegebedürftigen Person durch Verständigung über zukünftige Pflege und Betreuung
Berücksichtigung des Lebensumfeldes (ambulant/stationär)