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Wundmanager für Pflegefachkräfte

Expertenstandard Schmerzmanagement

Definition chronische Schmerzen

• „…dauerhaft oder wiederkehrend für mindestens 3 Monate vorhanden und

• wo die akute Warnfunktion der physiologischen Schmerzwahrnehmung fehlt.“

Gründe zur Auseinandersetzung

• chronische Schmerzen haben tiefgreifende und umfassende Auswirkungen, die den Schmerz dauerhaft Lebensmittelpunkt werden lassen

 

• ca. 12 Millionen Menschen in Deutschland betroffen

 

• Schmerz geht einher mit Angst, Bedrohung, Stress und dem Kampf zur Erhaltung eines Mindestmaß an Lebensfreude und -qualität

Ethik-Charta der DGSS

Thesen zur Ethik der Schmerztherapie:

• Schmerzfreiheit ist ein wesentliches Element menschlichen Wohlbefindens.

 

• Schmerztherapie ist ein fundamentales Menschenrecht.

 

• Alle Menschen haben das gleiche Recht auf angemessene Schmerzlinderung.

 

• Jeder Mensch hat ein Recht auf ein Sterben ohne Schmerzen, zur Not unter Inkaufnahme von Nebenwirkungen.

 

• Schmerzlinderung soll im Einklang mit dem gebotenen Respekt vor der Autonomie des Patienten stehen.

• Schmerztherapie darf nicht schaden. Es ist nicht als Schaden zu betrachten, wenn ein früherer Tod beim Tumorpatienten Folge einer Schmerztherapie ist.

 

• Schmerzlinderung darf die Selbstbestimmungsfähigkeit nicht einschränken.

 

• Risiken der Schmerztherapie dürfen Therapiemaßnahmen nur dann begrenzen, wenn sie den Vorteil der Schmerztherapie (im Ergebnis) wieder aufheben würden.

 

• Die Prävention chronischer Schmerzen erfolgt durch eine effektive Behandlung akuter Schmerzen.

Anwendung von Placebo

• „Personen haben einen Anspruch auf bestmögliche Therapie der Schmerzen, jedoch nicht auf Schmerzfreiheit.“

 

• Patienten haben Recht auf eine adäquate Behandlung und umfassende Diagnosestellung unter Berücksichtigung mehrdimensionaler Aspekte sowie Aufklärung hinsichtlich
Therapie und deren Nebenwirkungen.

Zielsetzung des Expertenstandards

„Jeder Patient/Bewohner mit chronischen Schmerzen erhält ein individuell angepasstes Schmerzmanagement, dass

 

• der Entstehung sowie Chronifizierung von Schmerzen und schmerzbedingten Krisen vorbeugt,

 

• Schmerzen beseitigt oder zu einer akzeptablen Schmerzsituation führt und

 

• zum Erhalt und zum Erreichen einer bestmöglichen Lebensqualität und Funktionsfähigkeit beiträgt.“

 

Grundsatz:
• aus akuten Schmerzen können fließend chronische Schmerzen werden

Zielgruppe, Zielsetzung und Anwendung

• Menschen mit akuten, chronischen oder zu erwartenden Schmerzen in allen pflegerischen Settings (auch Kinder)

 

• „Im Vordergrund steht die Stabilität einer Schmerzsituation und die Ausrichtung an den Selbstmanagementkompetenzen des Betroffenen.“

 

• andere Zielsetzung als akute Schmerzen, aber Anwendung ähnlicher pflegerischer Maßnahmen möglich

 

• Pflegefachkräfte ohne spezielle Weiterbildung im Schmerzmanagement

Chronifizierung von Schmerzen

• durch dauerhafte oder wiederholte Schmerzreize Bildung eines zentralen Schmerzgedächtnisses

 

• Schmerz verliert seine Schutz- und Warnfunktion und erlangt eigenen Krankheitswert

 

• Veränderungen der Reizleitung und der neuronalen Strukturen

 

• Sensibilisierung des Nervensystems auch für Nicht-Schmerzreize und plastische Veränderung der Nerven, des Rückenmarks und des Gehirns (synaptische Übertragung als auch tiefere anatomische und biochemische Strukturen verändern sich messbar)

 

• Nervensystem wird empfindlicher und Verarbeitung von Schmerzreizen nimmt weitere Areale in Anspruch

 

• mit Senkung der Schmerzschwelle Möglichkeit der Verstärkung leichter Schmerzreize (Hyperalgesie) und Entstehung von Schmerzen durch Reize, die normalerweise nicht schmerzhaft sind, z.B. einfache Berührung (Allodynie)

 

• falsche Lern- und Konditionierungsprozesse besondere Rolle bei der Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen

 

• Über bestimmte Rezeptoren und Ionenkanäle an den Nervenzellen werden akute Schmerzreize an das Gehirn weitergeleitet. Der Schmerz ist hier ein Warnsignal.

 

• Lang anhaltende oder besonders starke Schmerzreize verändern die Nervenzelle.

 

• Es bilden sich vermehrt Ionenkanäle und Rezeptoren aus, die schon bei schwachen Reizen oder ohne jeglichen Reiz Schmerzsignale an das Gehirn weiterleiten.

 

• Man spricht hier vom Schmerzgedächtnis.

 

Differenzierung von akutem und chronischen Schmerz
Akuter Schmerz
  • plötzlich 

  • kurzanhaltend

  • Schutz, Wahrung

  • bekannt und klar

  • einfach

  • groß

  • Organische Schädigung

  • Schmerzfreiheit

Differenzierung
  • Beginn

  • Dauer

  • Funktion

  • Ursache

  • Erklärung

  • Akzeptanz

  • Behandlung

Chronischer Schmerz
  • schleichend/fließend

  • mind. 3 Monate anhaltend oder wiederkehrend

  • Schutzverlust

  • sehr komplex, häufig unklar

  • schwer

  • gering

  • Bio-psycho-soziale Beeinträchtigungen

  • Subjektive Verbesserung der Funktionsfähigkeit und der Lebensqualität

Bio-psycho-soziales Modell des Schmerzes

Biologische, psychische und soziale Faktoren können, in jeweils unterschiedlicher Ausprägung,

• ursächlich wirken hinsichtlich einer Schmerzentstehung,
• verlaufsbeeinflussend wirken bezüglich eines vorhandenen Schmerzes,
• Reaktion auf einen bestehenden Schmerz sein.

Schmerz als multidimensionales Syndrom
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