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Wundmanager für Pflegefachkräfte

Erste Grundlagen der Kompressionstherapie

Grundlagen

Kompressionstherapie ist eine Maßnahme aus der Phlebologie zur Förderung der Blutzirkulation in den unteren Extremitäten, basierend auf der lokalen Druckapplikation auf das venöse Beinsystem

Wirkprinzip

Hämodynamische Wirkung (die Bewegung des Blutes betreffend)

• Kompression der venösen Gefäße bewirkt eine Verkleinerung ihres Querschnitts und dadurch eine Steigerung der Flussgeschwindigkeit des Blutes

• der venöse Rückfluss zum Herzen wird erhöht, während der pathologische Reflux bei insuffizienten Venenklappen reduziert wird

durch die Muskelpumpe wird dieser Mechanismus unterstützt

 

• Wirkung auf Gewebe 

 

• zusätzlich minimiert die Kompression von außen die
Ödementstehung durch erhöhten Druck im Gewebe

 

• Schadstoffe können abtransportiert und Entzündungen reduziert werden (der Lymphdrainage dienlich)

 

• medizinische Kompressionsstrümpfe werden häufig und fälschlicher Weise als “Stützstrümpfe” bezeichnet

• beide Produkte müssen deutlich voneinander abgegrenzt werden

Ohne Kompression

Mit Kompression

Methode

• Üblicherweise fällt die Wahl des medizinischen Hilfsmittels bei der Kompressionstherapie auf Kompressionsstrümpfe oder Kompressionsverbände 

 

 bei immobilen Patienten findet die apparative intermittierende Kompression Anwendung

 

• Die Extremitäten werden von einer Manschette bzw. einem Luftkissen umschlossen, deren Luftdruck durch einen externen Kompressor reguliert wird


• der Druck wird unabhängig von der Muskelpumpe am
ruhenden Bein/ Arm eingestellt

Expertenstandard

Jede:r Patient:in/Bewohner:in mit einer chronischen Wunde vom Typ Dekubitus, Ulcus cruris venosum/arteriosum/mixtum oder diabetischen Fußulcus erhält eine pflegerische Versorgung,  

 

• die das individuelle Krankheitsverständnis berücksichtigt

• die Lebensqualität fördert,

• die Wundheilung unterstützt

• und die Rezidivbildung von Wunden vermeidet

 

• „Die Voraussetzung für die Kompressionstherapie ist eine exakte ärztliche Diagnostik. Die Art der auszuübenden Kompression ist klar zu definieren und ausschließlich von PFK durchzuführen.

• Kompression im Vergleich zu keiner Kompression fördert die Wundheilung, dies ist mit starker Evidenz belegt.

• Ebenfalls mit starker Evidenz ist belegt, dass eine hohe Kompression dabei wirksamer ist als eine niedrige Kompression.“

• Regelmäßig, spätestens alle 4 Wochen sollten Vorfuß-, Knöchel- und Wadenumfang immer an der gleichen Stelle gemessen werden, um den Erfolg der Kompressionstherapie zu überprüfen.

• Kompressionsbinden als auch Strumpfsysteme sollten kontinuierlich (24h) getragen werden.

 

Anzeichen, die das sofortige entfernen der Bandagierung/ des Strumpfes notwendig machen

• starke Schmerzen oder zunehmende
Schmerzsymptomatik

• Blau- oder Weißfärbung der Zehe

• akute Bewegungseinschränkung

• Missempfindungen wie Kribbel- oder
Taubheitsgefühle

• Kurzatmigkeit, Schweißausbrüche

Selbstbestimmungsrecht der Patient:innen

Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten/der Patient:innen umfasst das Recht,

• jeder medikamentösen,

• operativen oder

• sonstigen Behandlungs- und Pflegemaßnahme

zuzustimmen oder sie abzulehnen.

 

Grundlage für die Patientenautonomie ist das Grundgesetz, insbesondere Artikel 1, der zur Achtung und zum Schutz der Würde und Freiheit des Menschen sowie seines Rechtes auf Leben und körperliche Unversehrtheit verpflichtet

Kontraindikationen

• fortgeschrittene periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK)


• dekompensierte Herzinsuffizienz


• Myokardinfarkt


• Lungenödem


• Neuropathie


• nässende Dermatosen


• septische Phlebitis


• Materialallergien

Kompressionstherapie
Stützstrümpfe

• Stützstrümpfe sind nicht verordnungsfähig und eignen sich daher ausschließlich für venengesunde Menschen

• ist ein medizinisches Hilfsmittel, das bei Notwendigkeit, entsprechender Indikation oder nach dem Dafürhalten des Arztes verordnet werden kann


• im Sanitätshaus individuell angemessen wird – bzw. als individuelle Maßversorgung eigens für den Kunden angefertigt wird

• Strumpfgröße wird in der Regel durch die Schuhgröße bestimmt

Links: Krampfadern, rechts = Kompressionsvenen

• zur Verfügung stehen vier verschiedene Modelle:

• der Knie- beziehungsweise Wadenstrumpf (AD),
• der Schenkelstrumpf (AG)
• die Strumpfhose
• jeweils wahlweise mit einer Zehenöffnung oder einer
geschlossen Spitze am Fußende

 

• Im Armbereich stehen Armstrümpfe zur Verfügung:

• mit oder ohne Schulterkappe

• mit oder ohne angestricktem oder separatem Handteil

Warum Sutzstrümpfe keine medizinischen Kompressionsstrümpfe sind: 

• Stützstrümpfe haben in der Regel keinen kontrolliert abnehmenden Druckverlauf.

• kann dazu führen, dass dennoch Blut in den Beinen versackt und sich trotzdem Venenerkrankungen einstellen oder keine Linderung der Beschwerden eintritt. 


 Sie haben für den klinischen Bereich keinerlei Bedeutung. 

Kompressionsstrümpfe

• Nur der medizinisch korrekte Druckverlauf garantiert medizinische Wirksamkeit

• Kompressionsstrümpfe weisen eine konstante Druckabnahme von distal (Knöchel-/Fußbereich) nach proximal (Oberschenkelbereich) auf

• denn dieses Profil des degressiven Druckverlaufs entspricht den medizinischen Erfordernissen der Kompressionstherapie

 cT = Torso
cH = Hüfte
cG = Beinansatz
cF = Oberschenkel (Mitte)
cE = Knie
cD = knapp unter Kniekehle
cC = Wade (breite Stelle)
cB1 = Wade (Mitte)
cB = Knöchel
cY = Ferse
cA = Fußspanne
IB = Fußhöhe bis cB
IC = Beinlänge bis cC
ID = Beinlänge bis cD
IF = Beinlänge bis cF
IG = Beinlänge bis cG

• beim aufrecht stehenden Menschen ist der Venendruck im Knöchel-/Fußbereich (distal) am größten

 

• das untere Drittel des Unterschenkels ist daher besonders durch krankhafte Störungen gefährdet (daher muss der Druck des Kompressionsstrumpfes dort besonders hoch sein)

 

• in der Kniekehle hingegen muss das Strumpfprofil eine Entlastung erfahren, damit die oberflächig liegende Vene nicht abgeschnürt wird

• der Druckgradient beträgt im Fesselbereich 100 % und nimmt zum Oberschenkel hin stetig bis auf 40 % ab

• die Andruckstärke im Fesselbereich ist ausschlaggebend für die Einteilung von medizinischen Kompressionsstrümpfen in die vier zur Verfügung stehenden Kompressionsklassen

Umfangmaße der Kompressionsstrümpfe
  • Als Erstes wird der Fesselumfang gemessen und zwar an der
    engsten Stelle oberhalb des Knöchels (cB).

  • Zweiter Messpunkt ist der Wadenansatz am Ende der Achillessehne (cB1). Der Punkt liegt etwa 5 cm unterhalb der Mitte Ihres Unterschenkels.

  • Dann wird der weiteste Wadenumfang gemessen (cC).

  • Als Nächstes ist der Umfang cD an der Reihe. Damit ist die engste Stelle, etwa zweifingerbreit, unter der Kniekehle gemeint.

  • Danach folgt die Messung Ihres Knieumfangs cE. Dazu legen Sie das Maßband um das Knie.

  • Als Nächstes messen Sie den Oberschenkelumfang cG, etwa 5 cm unterhalb des Schrittes. Messen Sie den Umfang.

  • Der Messpunkt cF befindet sich auf der Mitte des Oberschenkels. An dieser Stelle wird das Maßband angesetzt und um den Schenkel herum fixiert gemessen.

  • Der Hüftumfang cH befindet sich an der stärksten Stelle der Hüfte

  • Dann folgt der Taillenumfang cT. Legen Sie dazu das Maßband um die Taille herum an.

  • Im nächsten Schritt wird der Umfang des Vorfußes cA gemessen.

  • Abschließend messen Sie den Umfang über Ferse und Spann cY bei maximaler Beugung des Fußes nach oben. 

Längenmaße der Kompressionsstrümpfe
  • Für Strümpfe mit geschlossener Fußspitze messen Sie die Fußlänge 

  • Wenn Sie Strümpfe mit geöffneter Fußspitze möchten, vermessen Sie die Länge cY

    vom Fersenrücken bis hinter den Fußballen.

     

  • Länge lB: Von der Fersenunterkante bis zur Höhe des cB-Umfangs.

  • Länge lB1: Von der Fersenunterkante bis zur Höhe des cB1-Umfangs.

  • Länge lC: Von der Fersenunterkante bis zur Höhe des cC-Umfangs.

  • Länge lD: Von der Fersenunterkante bis zur Höhe des cD-Umfangs.

  • Länge lE: Von der Fersenunterkante bis zur Höhe des cE-Umfangs.

  • Länge lF: Von der Fersenunterkante bis zur Höhe des cF-Umfangs.

  • Länge IG: Von der Fersenunterkante bis zur Höhe des cG-Umfangs.

  • Länge lK: Von der Fersenunterkante bis zum Schritt.

     

  • Länge lT: Von derFersenunterkante bis zur Taille.

     

  • Länge lGT vorne: Vom Schritt bis zur Taille.

  • Länge lGT hinten: Vom Schritt übers Gesäß bis zur Taille

 

Kompressionsklasse (CCL)

Effekte der Kompression

Kompression in mmHG am Fußgelenk

Typische Einsatzgebiete dieser Kompressionsklasse

1

Geringe Kompression mit leichtem Oberflächeneffekt

18-21

Vorbeugend bei schweren Beinen, bei langem Stehen und in der Schwangerschaft

2

Mittlere Kompression, mittlere Oberflächenwirkung und eine leichten Tiefenwirkung

23-32

Bei ausgeprägten Krampfadern, nach einer Venenentzündung, nach einer Krampfader-OP und bei Schwangeren mit ausgeprägten Krampfadern

3

Starke Kompression mit einer starken Oberflächen- und Tiefenwirkung

34-46

Nach überstandener Thrombose der tiefen Beinvenen, geschwollenen Beinen und nach offenen Beinen

4

Besonders starke Kompression mit einer extra kräftigen Tiefenwirkung

49 und mehr 

Bei stark ausgeprägten Beinschwellungen und einem Lymphödem

Kompressionstherapie aus Patientensicht

Befragung von 110 Patient:innen am Venenzentrum der Ruhr-Universität Bochum 2010
• Insgesamt werten circa 30 Prozent der Patient:innen die Kompressionstherapie als angenehm.
• Etwa 37 Prozent der Patient:innen bemerkten unter der Kompression eine Besserung ihrer Beinbeschwerden.

 

• Als wesentliche Nebenwirkungen wurden beklagt:

• Hauttrockenheit (58,5 Prozent),
• Juckreiz (32,7 Prozent),
• ein Verrutschen der Kompressionstherapie (29,1 Prozent) sowie
• Einschnürungen durch die Kompressionstherapie (24,5 Prozent)

 

• Patient:innen mit einer Kompressionstherapie wegen eines Ulcus cruris und langer Tragedauer der Kompression weisen eine deutlich schlechtere Lebensqualität auf:.

Pflege der Haut bei Kompressionstherapie

• Für Patient:innen mit Venen und Lympherkrankungen gibt es speziell auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Hautpflegeprodukte

• wie kühlende Gels oder reichhaltige Cremes, die vor und nach dem Anziehen der Kompressionsstrümpfe auf die Haut auftragen und leicht einmassiert werden,

• oder Sprays, die sogar direkt auf den Strumpf aufgesprüht werden können

• medizinische Kompressionsstrümpfe, die mit pflegenden Substanzen angereichert sind und so während des Tragens beruhigend auf die Haut einwirken

 

• Während die Hautpflegeprodukte der Patient:innen selber bezahlt werden müssen, sind die medizinischen Strümpfe mit zusätzlichem Tragekomfort für Patient:innen mit empfindlicher Haut von dem Arzt/der Ärztin verschreibbar.

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