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Wundmanager für Pflegefachkräfte

Palliative Wundversorgung bei inoperablen (ex)ulzerierenden & entstellenden Hauttumoren

Grundsätze der palliativen Versorgung
  • Palliativversorgung stellt die Lebensqualität von Betroffenen & deren Angehörigen in den Mittelpunkt aller Bemühungen

  • durch multiprofessionellen & interdisziplinären Ansatz gekennzeichnet

  • Haltung, die den Betroffenen in seiner physischen, psychischen, sozialen & spirituellen Dimension  wahrnimmt, Angehörige mit einbezieht, wahrhaftig im Umgang mit Betroffenen ist und Sterben & Tod als Teil des Lebens akzeptiert

  • Bestimmung realistischer Therapieziele & Kenntnis über Organisationsformen der Palliativversorgung

  • Schaffung von Rahmenbedingungen, die die Intimität von Betroffenen achtet

Ziele der palliativen Versorgung
  • rechtzeitige und individuell abgestimmte palliativmedizinische Versorgung von Betroffenen

  • Behandlung der häufigen Symptome und Probleme nach dem aktuellen wissenschaftlichen  Kenntnisstand

  • angemessene Gesprächsführung und gemeinsame Therapiefestlegung mit Betroffenen & deren Angehörigen

  • empathische Gesprächsführung mit Betroffenen, welche Todeswünsche äußern

  • adäquate & optimale Betreuung in der terminalen Phase

Allgemeine (ambulante) Palliativversorgung (APV / AAPV)
  • durch Behandelnde, die ihr Haupttätigkeitsfeld nicht in der Palliativversorgung haben (z.B. Hausärzte,  Onkologen)

  • bei weniger komplexer Patientensituation als im Rahmen der Spezialisierten Palliativversorgung

  • Versorgungsleistung nicht zwingend an spezielle strukturelle Voraussetzungen geknüpft

  • Erkennung & Behandlung von Symptomen sowie Begleitung von Problemen von niedrigerer bis mittlerer Komplexität in den vier Dimensionen: physisch, psychisch, sozial & spirituell

  • Kommunikation & Therapiezielfindung

  • Versorgungskoordination

  • evtl. Einbeziehung von Spezialisierter Palliativversorgung

Spezialisierte (ambulante) Palliativversorgung (SPV / SAPV)
  • gesetzliche Regelung – § 37b / § 132d SGB V

  • Behandelnde haben Tätigkeitsfeld ausschließlich oder überwiegend in der SPV / SAPV

  • Patientenbedürfnisse bedürfen komplexerer & aufwendigerer Versorgung als bei APV

  • Konzeptioneller & struktureller Ansatz sind Teamansatz & Multiprofessionalität (Kernteam aus  mindestens 3 Berufsgruppen – z.B. Arzt, Pflege, weitere Berufsgruppe)

  • 24-h-Verfügbarkeit der Komplexleistung

  • Vermeidung von (ungewünschten) Krankenhausaufenthalten

  • ermöglicht ein würdevolles Sterben im eigenen häuslichen Umfeld

Indikation (allgemein)
  • Symptomkontrolle (z.B. refraktäre Schmerzsyndrome, spezielle parenterale & rückenmarksnahe Applikationstechniken)

  • pflegerische Versorgung (z.B. spezielle Wundbehandlungen)

  • psychosoziale Unterstützung (z.B. schwierige Verarbeitungsprozesse in der Familie, Bewältigung von  Krankheitsfolgen)

  • 24-h-Erreichbarkeit bei krisenhaften Ereignissen

Indikation mit Bezug auf komplexes Symptomgeschehen
  • ausgeprägte Schmerzsymptomatik

  • ausgeprägte neurologische / psychiatrische Symptomatik

  • ausgeprägte respiratorische Symptomatik

  • ausgeprägte gastrointestinale Symptomatik

  • ausgeprägte urogenitale Symptomatik

  • ausgeprägte exulzerierende Wunden & Tumore

Schwerpunkte der wundspezifischen Anamnese
  • Anamnese der Krankengeschichte (Grunderkrankung, Ko-Morbiditäten)

  • bisherige Behandlung der Grunderkrankung, bisherige Wunddiagnostik, Medikation, Allergien

  • Informationsstand / Krankheitsverständnis des Betroffenen & seiner Angehörigen zur Wundursache,  Wundsituation, Durchführung spezieller Maßnahmen (z.B. Druckentlastung, Kompressionstherapie)

  • Wunde besteht bereits seit…(Wunddauer)

  • Wundversorgungskonzept (eingesetzte Wundversorgungsprodukte, Häufigkeit des  Verbandswechsels, Einschränkungen durch Verband)

  • Auswirkungen der Wunde auf die Lebensqualität

  • motorisch / funktionale Einschränkungen durch die Wunde

  • Auswirkungen auf den Alltag (z.B. Schlafstörungen, Lebensaktivitäten, Auswahl der Kleidung,  finanzielle Belastungen)

  • psychologische & soziale Betreuung der Wunde für Betroffenen & Angehörige (Isolation, Scham, Ekel,  Kontrollverlust)

  • sozialer Hintergrund und Unterstützung bei Wundversorgung

  • Auswirkungen der Wunde auf das Selbst- bzw. Körperbild, Partnerschaft, Intimität, Sexualität, Familienbeziehungen

  • bisherige Bewältigungsstrategien, Fähigkeit zum Selbstmanagement, externe Ressourcen

Anamnesefragen zu Schmerzen beim Verbandswechsel
  • Art der Schmerzen – Beschreiben Sie die Schmerzen bei der letzten Verbandsabnahme

  • Ort der Schmerzen – Wo waren die Schmerzen? Waren die Schmerzen auf den unmittelbaren  Wundbereich beschränkt oder waren Sie auch im umliegenden Bereich spürbar?

  • Auslöser der Schmerzen – Welcher Teil des Verfahrens war am schmerzhaftesten? (z.B. Abnahme, Reinigung, Anlegen des Verbandes, Freilegen der Wunde)

  • schmerzverringernde Faktoren – Was half, die Schmerzen zu verringern? (z.B. Pausen, langsames  Abnehmen des Verbandes, Selbstabnahme des Verbandes)

  • schmerzhafter Zeitraum – wie lange dauert es, bis die Schmerzen nach dem Verfahren wieder  abklangen?

 

Besonderheiten der palliativen Wundversorgung
  • exulzerierendes (Geschwürbildung, geschwüriger Zerfall) Tumorwachstum führt zu Veränderungen des  Körperbildes von Betroffenen bis hin zu deren Entstellung > Dysbalance zwischen Körperrealität, -ideal & –  präsentation

  • exulzerierende Tumore gehen meist mit Komplikationen einher (Blutungen, Sekundärinfektionen, Sepsis)

  • Begleitsymptome (z.B. Wundgeruch, Exsudation) führen zu Unsicherheit, Scham, Ekel > Risiko von sozialem  Rückzug

  • durch Wunde wird lebensbegrenzende Erkrankung sichtbar > Folge: emotionale Reaktionen wie Angst, Verleugnung, Ärger / Wut, Depression, Todeswünsche

  • große, entstellende oder aufwändige Wundversorgungen können Aufmerksamkeit stark auf die Wunde lenken > hoher Leidensdruck für Betroffene und das Gefühl, nur noch aus der Wunde zu bestehen > Gefühl  von Kontrollverlust

Inhalt von Patientenedukation
Stärkung der Selbstmanagement-Kompetenz
  • Strategien zum Schmerzmanagement (z.B. Auslöser vermeiden, Bedarfsmedikation vor  Verbandswechsel einnehmen)

  • Wundreinigung und Auswahl geeigneter Wundauflagen

  • Inspektion der Wunde (Exsudatmenge, -farbe & -beschaffenheit, Blutungsanzeichen,  Schmerzzunahme, Entzündungszeichen, Wundveränderungen)

  • Hilfsmittel zur Unterstützung der Autonomie

  • Kosmetika & Anpassung der Bekleidung (z.B. zum Kaschieren des Verbandes, nicht zu enge bzw.  einschnürende Bekleidung)

  • Umgang mit verändertem Körperbild

  • Umgang mit Partner – körperlich & emotional

  • Umgang mit nahestehenden Personen – körperlich & emotional

  • Körpernähe & Sexualität

  • ggf. sozialrechtliche Beratung zur finanziellen Unterstützung

Stufenschema der Maßnahmen zur Gewichtsreduktion
Wundauflagen zur Exsudataufnahme
  • bei starker Exsudation muss viel Exsudat aufgenommen werden können

  • Geeignet: Superabsorber & Vlieskompressen mit Superabsorbern ohne Folienbeschichtung

  • da Vliesumhüllung der Produkte am Wundgrund festkleben kann, sind bedarfsweise wirkstofffreie  Wunddistanzgitter, ggf. mit Silikonbeschichtung empfohlen

  • Saugkompressen & Alginate ohne Superabsorberpartikel sind nicht empfohlen

  • Verbandsintervalle sind dem Exsudataufkommen anzupassen > so häufig wie nötig, so selten wie  möglich

Wundauflagen bei Wundhöhlen
  • tiefe, zerklüftete & unterminierte Wunden bzw. Wundaktivitäten mit starker Exsudation sind vor der  Abdeckung grundsätzlich aufzufüllen

  • geeignet: Alginate, Hydrofaserverbände bzw. –tamponaden & Cavitiy – Schaumverbände

  • Verhinderung eines infektgefährdeten Hohlraums

  • Produkte müssen bei Verbandswechsel vollständig aus der Wund entfernt werden

Stoma- & Drainagematerial
  • bei kleinen Exulzerationen mit hohem Exsudataufkommen oder Fistelgängen

  • ggf. spezielle Wound– Pouch – Systeme

  • bei langfristiger starker Exsudation – Serumkontrolle (z.B. Proteine, Elektrolyte)

Wundrand / Wundumgebungsschutz
  • erhöhtes Mazerationsrisiko am Wundrand bei stark exsudierenden Wunden, wenn Verbandsintervalle  zu weit gestreckt sind oder Wundauflage nicht ausreichend aufnahmefähig ist

  • geeignet: transparente Hautschutzfilme (z.B. Polyacrylatfilm, Silikonöl)

Prophylaxe & Management von Blutungen
  • atramatische Verbandswechsel zur Prophylaxe von Kontaktblutungen

  • kritische Überprüfung von gerinnungshemmenden Medikamenten, evtl. Absetzung der Medikation

nach vorheriger Nutzen- / Risikoabwägung

  • gemeinsame Erstellung eines schriftlichen Notfallplans mit Betroffenen & Angehörigen, sofern akute,  starke Blutung zu erwarten ist

  • bei leichten Blutungen > Maßnahmen zur Vasokonstriktion (z.B. Kühlung)

  • bei stärkeren Blutungen > lokaler oder systemischer Einsatz von Antifibrinolytika (oral / intravenös)  oder Einbringung von Hämostyptika lokal auf oder in die Wunde

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